Anke Spoorendonk zu TOP 14 - Promotionen und Habilitationen in Schleswig-Holstein
Presseinformation Kiel, den 16. November 2011 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 14 Promotionen und Habilitationen in Schleswig-Holstein Drs. 17/1442, 17/1751Die Universitäten konnten einen großen Teil der Daten in der Großen Anfrage zu Promotionenund Habilitationen in Schleswig-Holstein nicht beantworten. Die Unkenntnis darüber, wie vielePromotionen betreut werden oder wie viele Promotionsvorhaben abgebrochen werden, weistdarauf hin, dass Promotionen und Habilitationen an den Hochschulen zwar irgendwie solaufen. Es scheint aber keine gezielte Strategie, Vorgehensweise oder Handhabung zu geben.Die Landesregierung selbst weist in der Beantwortung darauf hin, dass die Universitäten durchdie Anfrage angeregt wurden, zukünftig einzelne Daten regelmäßig zu erfassen. Damit hat dieSPD bereits einen Erfolg erreicht, um dieses Thema mehr in den Fokus zu rücken. Anhand derDatenlage ist es aber sehr schwierig, Aussagen über die akademische Laufbahn in Schleswig-Holstein zu treffen.Auffällig ist aus Sicht des SSW, dass die Zugangsvoraussetzungen für Promotionen an deneinzelnen Instituten sehr unterschiedlich sind. So reicht in der Theologie ein „befriedigend“,um eine Promotion anzustreben. In den meisten Fächern muss es aber ein „gut“ und als FH- 2Absolvent reicht nicht nur ein „sehr gut“, sondern es ist auch ein Gutachten über diebesonderen Qualifikationen der Person notwendig. Unklar ist, ob die Zugangsvoraussetzungenje nach Menge der Interessierten erschwert werden oder wieso sie sich unterscheiden. Feststeht für den SSW, dass es auch andere Wege zur Promotion geben muss. Wir begrüßen daher,dass es an der Graduate School der Uni Lübeck möglich ist, eine Fast-Track-Promotion gleichnach dem Bachelor anzustreben. So wird besonders engagierten Studierenden eine Chancegeboten, schneller im Hochschulsystem voranzukommen. Aus Sicht des SSW ist nämlich nachwie vor ein großer Nachteil der akademischen Laufbahn, dass sie in Teilen elend langwierig ist.Durchschnittlich liegt das Habilitationsalter in Deutschland bei 40 Jahren. Soll heißen: derwissenschaftliche Nachwuchs verbringt seine besten Jahre in einer endlosen Durststrecke.Schon vor zehn Jahren hat der SSW daher gefordert, dass die Hochschulstrukturenmodernisiert werden müssen. Wir müssen weg von der Habilitation als Regelvoraussetzung fürdie Berufung auf eine Professur. Die Promotion sollte aufgewertet und die Habilitationabgespeckt werden.Eine weitere sehr interessante Frage, die sich aus der Beantwortung ergibt, ist die nach demSinn von Promotionen. Habilitationen werden zum überwiegenden Teil nur von Personenangestrebt, die eine akademische Laufbahn an einer Hochschule oder Forschungseinrichtunganstreben. Die Motivation für Promotionen ist aber sehr viel breiter gefasst. Die Chancen aufein höheres Einkommen oder eine Festanstellung sind wohl die häufigsten Gründe. Dann gibtes Imagegründe, die zahlreich bei Juristen und Politikern auftreten und dann dieVerzögerungsmotivation, die insbesondere in Geisteswissenschaftlichen Fächern auftritt, beiPersonen, die eine unsichere Berufsperspektive haben.Promotionen sagen häufig etwas über die Reproduktion akademischer Eliten aus. Sie sagenaber wenig über rege Forschungsleistung und Nachwuchsförderung aus - da diese oft gar nichtdas Ziel einer Promotion sind. Außerdem müssen wir uns von der Idee verabschieden, dassPromotionen etwas über die fachliche und persönliche Eignung zum Forscher und Lehrer 3aussagen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass der Doktor-Titel eine angemesseneZertifizierung für akademisches Können ist.Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Gesamtzahl der Promotionen und Habilitationen inden letzten zehn Jahren zurückgegangen ist und dass - außer an den philosophischenFakultäten - mehr Männer als Frauen promovieren und habilitieren. Neben denorganisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen für Habilitationen und Promotionen,über die wir mehr wissen sollten, interessiert aus Sicht des SSW daher vor allem auch, ob dasSystem der Promotionen und Habilitationen eigentlich hält, was es verspricht, oder ob esMaßnahmen gibt, die nicht nur die Quantität verbessern, sondern vor allem auch die Qualitätder organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen.