Lars Harms zu TOP 37 + 45 - Fairness auf dem Arbeitsmarkt - Mindestlohn jetzt einführen" und "Lohnuntergrenzen"
Presseinformation Es gilt das gesprochene Wort Kiel, den 17. November 2011Lars HarmsTOP 37 & 45 Fairness auf dem Arbeitsmarkt – Mindestlohn jetzt einführen“ und „Lohnuntergrenzen“ Drs. 17/1958 & 17/1977Es ist zwar schön, dass die CDU in ihren eigenen Reihen die Debatte um Mindestlöhneangestoßen hat, aber wenn man sieht, wie schnell daraus ein gesellschaftspolitischerRohrkrepierer wurde, kann man sehen, dass die CDU anscheinend doch noch nicht so weit ist,sich diesem Thema ernsthaft zu stellen. Es gibt grob gesagt zwei Argumentationslinien in derDebatte, die beide für sich richtig sind. Erstens: Steigen die Löhne, sind Arbeitsplätze gefährdet.Zweitens: Gibt es einen Mindestlohn, steigen die Einnahmen der Sozialversicherung und damitwird der Staat entlastet. Beide Aussagen sind richtig, aber sie dürfen nicht isoliert gesehenwerden. Das, was wir derzeit feststellen können ist, dass der Staat mit dem Aufstocken vonEinkommen Unternehmen subventioniert, die bewusst Niedriglöhne zahlen. Dies hat nichts miteinem modernen Gesellschaftsbild noch mit christlich geprägten Vorstellungen zu tun. DieFeststellung muss also sein, dass ein flächendeckender Mindestlohn notwendig und überfälligist. 2Die Frage, die sich für uns stellt, ist dann doch nur die, wie dieser Mindestlohn festgelegt werdensoll. Nach unserer Auffassung sollte diese Lohnuntergrenze nicht von der Politik festgelegtwerden, sondern ein unabhängiges Gremium aus Tarifpartnern sowie Wissenschaftsvertreternsollte dies tun. Hierfür bräuchten wir eine neue gesetzliche Grundlage, die genau das ermöglicht.Wir glauben schon, dass wenn wir ein Gremium einrichten würden, das den Mindestlohnfestlegt, dass sich dieses Gremium dann auch an der Vielschichtigkeit der gesellschaftlichenDiskussionen orientieren würde und müsste. Es geht also darum, einen Mindestlohn festzulegen,der das Abstandsgebot zu den Sozialleistungen wahrt. Es geht auch darum, das Aufstocken vonNiedriglöhnen zu beenden. Und es geht darum, gerechte Löhne zu zahlen.Wie ich eben sagte, sind wir nicht der Auffassung, dass der flächendeckende Mindestlohn vomGesetzgeber im Vorwege festgelegt werden sollte, sondern wir wollen hier schon dieunabhängige Expertenkommission hierfür nutzen. Es ist mitnichten so, dass wir eineLohnuntergrenze brauchen, die sich ausschließlich an marktwirtschaftlichen Gegebenheitenorientiert, wie CDU und FDP meinen. Diese Art der Orientierung bei der Lohnfindung haben wirnämlich schon heute und sie ist heute schon unzureichend.Vielmehr muss sich die Lohnfindung daran orientieren, dass das was heute als menschenwürdigangesehen wird auch durch den Mindestlohn abgesichert und am besten noch etwasdraufgelegt wird. Ein Orientierungsmaßstab für die unabhängige Expertenkommission würdedabei sicherlich der Hartz-4-Satz für einen Alleinstehenden oder auch für eine Familie mit 2Kindern sein. Letztendlich muss sich aber dann die Expertenkommission selber einen Rahmengeben in dem sie entscheiden will.Eine solche Entscheidung, die nicht an politischen Zielsetzungen, sondern an sachlichenGrundlagen orientiert ist, wäre tragfähiger, als alles was der Gesetzgeber quasi per Ordre deMufti entscheiden würde. Und ich bin mir gar nicht sicher, ob die untere Grenze für Löhne inDeutschland dann nicht sogar über 8 Euro 50 liegen würde. 3Basierend auf einem flächendeckenden durch die Expertenkommission festgelegtenMindestlohn, könnte man dann natürlich auch noch nach Branchen und Regionenausdifferenzieren. Das heißt, wenn das Existenzminimum plus X deutschlandweit garantiert ist,sollte es auch möglich sein, regionale und branchenspezifische Mindestlöhne oberhalb desflächendeckenden Mindestlohnes festzulegen. Wir kennen diese Vorgehensweise auch schonheute, weil wir mit Allgemeinverbindlichkeitserklärungen sowohl branchenspezifisch als auchregional Lohnuntergrenzen einziehen können. Dieses bewährte Instrument sollte weiterausgebaut werden.Mit unserem Vorschlag wollen wir flächendeckende existenzsichernde Mindestlöhne möglichmachen und legen dabei gleichzeitig Wert darauf, dass die Tarifautonomie eben nicht – auchnicht teilweise – außer Kraft gesetzt wird. Was wir aber hierfür benötigen, ist eine ehrlicheDebatte darüber – auch in der CDU – wie wir eine gesetzliche Grundlage schaffen, die genaudieses ermöglicht. An vernünftigen Mindestlöhnen kommt jedenfalls keine politische Parteimehr vorbei.