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17.11.11
16:38 Uhr
B 90/Grüne

Andreas Tietze zum Mindestlohn

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 37 – Mindestlohn 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der wirtschaftspolitische Sprecher Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
Andreas Tietze: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 632.11 / 17.11.2011


Niedriglöhne sind menschenunwürdig
Wie heißt die Partei, die die Wehrpflicht abschafft und die Bundeswehr deutlich schrumpfen lässt, wie heißt die Partei, die aus der Atomenergie aussteigt und für eine Frauenquote in der Wirtschaft kämpft, wie heißt die Partei, die die Hauptschule abschaf- fen will und nun auch für den Mindestlohn eintritt? Ja, meine Damen und Herren, sie vermuten richtig, diese revolutionäre Partei heißt CDU.
Es gibt für diese Partei und ihre Parteivorsitzende Angela Merkel nur ein großes Prob- lem. Ihre schnellen politischen Schwenks werden zu wenig begründet und das Partei- volk reibt sich oft die Augen, wie jahrzehntelang gehaltene Marken-Kerne der CDU ein- fach über Nacht verschwinden.
Bisher war die CDU programmatisch festgelegt: Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze und verhindern, dass nicht qualifizierte Menschen überhaupt einen Arbeitsplatz finden – oft hier im Landtag durch die Matadoren Arp und Callsen vorgetragen. Die Opposition wurde verspottet, wenn sie das Thema Mindestlohn in den Mund nahm.
Fakt ist, ihre Position ist durch die Studien von Frau von der Leyen widerlegt worden. Mindestlöhne vernichten keine Arbeitsplätze.
Seit Bundeskanzler Helmut Kohl 1997 für die Baubranche – übrigens unter tätiger Mit- hilfe der ArbeitgeberInnen, für die der Lohn- und Preisdruck ruinöse Auswirkungen hatte – den ersten Branchenmindestlohn festlegte, gibt es Erfahrungen in unterschiedlichen Branchen.
Vor dem CDU-Bundesparteitag in Leipzig wurde um die Formulierung des Antrags hart gerungen und darum, ob eine bestimmte Lohnhöhe, z.B. der Tariflohn in der Zeitarbeit, genannt werden soll. Seite 1 von 2 Der Beschluss des Parteitages lautet nun: "Die CDU Deutschlands hält es für notwendig, eine allgemeine verbindliche Lohnunter- grenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert (Call-Center, Schlachthöfe, Bäckereien, Hotel- und Gastronomie (40 Pro- zent der Beschäftigen sind nicht durch Tarifverträge geschützt). Die Lohnuntergrenze wird durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt und soll sich an den für allge- mein verbindlich erklärten tariflich vereinbarten Lohnuntergrenzen orientieren – z.B. 3,50 Euro in Ostdeutschland durch die Gewerkschaft festgelegt). Wir wollen eine durch die Tarifpartner bestimmte und damit marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze und keinen politischen Mindestlohn."
Also ein Mindestlöhnchen. Aber für die Öffentlichkeit ist klar: das ist der Einstieg in den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und der wird auch kommen.
Ein Vorkämpfer für Mindestlöhne ist der ehemalige CDU-Arbeitsminister in Nordrhein- Westfalen, Laumann. Er sagt "Es gehört nicht zum Allerheiligsten der CDU, dass Men- schen für 4,50 Euro die Stunde arbeiten.“ Da hat er völlig Recht, es ist ein Unding, wenn ein Vollzeit arbeitender Mensch von seinem Lohn nicht leben kann und gezwun- gen ist aufzustocken. Wollen sie als christliche Partei das nun verhindern oder weiter ermöglichen? Die Wahrheit ist ihr Wirtschaftsflügel hat den Sozialflügel weggeputscht.
In Deutschland stocken fast 1,4 Millionen Beschäftigte ihren Lohn mit Arbeitslosengeld II auf. Was für ein Selbstwertgefühl muss dieser Mensch haben, wie erklärt er seinen Kindern, dass er nicht in der Lage ist, für seine Familie einen auskömmlichen Lebens- standard aus seiner Arbeit zu gewährleisten. Niedriglöhne sind menschenunwürdig.
Wir Grünen begrüßen die neue Diskussion. Der Mindestlohn ist plötzlich kein Schmäh- wort der Konservativen mehr. Wenn 4,5 Millionen Menschen in Deutschland im Niedrig- lohnsektor beschäftigt sind, dann muss die Politik neue Rahmenbedingungen setzen. In Schleswig-Holstein arbeiten sogar 27 Prozent der ArbeitnehmerInnen im Niedriglohn- sektor, mehr als in jedem anderen Bundesland.
Wir brauchen einen gesetzlichen bundesweiten Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro. Ei- ne gemeinsame Kommission aus ArbeitgeberInnen, Gewerkschaften und Wissenschaft soll nach Einführung des Mindestlohns zukünftig die Höhe jährlich festlegen und die Weiterentwicklung begleiten.
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