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18.11.11
15:28 Uhr
SPD

Marion Sellier zu TOP 36: Gemeinwohl geht vor Lobby-Interessen!

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 18. November 2011


TOP 36, Kommunale Daseinsvorsorge erhalten, die Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) stoppen (Druckdache 17/1957neu)



Marion Sellier:
Gemeinwohl geht vor Lobby-Interessen!


Seit 1972 das erste Abfallrecht in Deutschland in Kraft trat, hat die Abfallpolitik viel bewegt: Wurde der Müll früher einfach auf Deponien gekippt, haben wir heute eine hoch technisierte und spezialisierte Kreislaufwirtschaft. Innovative Verfahren und Technologien ermöglichen es, Rohstoffe aus dem Abfall umfassend und effizient in den Wirtschaftskreislauf zurückzubringen. Wir setzen weiter auf die Reihenfolge: Abfall vermeiden, möglichst viel Abfall in den Wirtschaftskreislauf zurückbringen und nur den Restabfall nach entsprechender Vorbehandlung thermisch verwerten.
In der Vergangenheit sind große Erfolge gelungen, einfaches Abkippen von Müll auf Deponien ist schon längst beendet, in vielen Bereichen gibt es bereits eine hohe Wiederverwendung von Abfällen im Sinne einer nachhaltigen ressourceneffizienten Stoffstromwirtschaft.
In der Abfallwirtschaft arbeiten heute mehr als 250.000 Menschen bei einem jährlichen Umsatz von rund 50 Milliarden Euro. Das damit verbundene Geschäft und die Gewinnaussichten locken natürlich viele Interessenten.
Aus Sicht meiner Fraktion erfüllen die kommunalen Unternehmen wichtige Infrastrukturaufgaben für die Städte und Gemeinden. Sie garantieren auf sichere, kostengünstige und umweltverträgliche Weise die Versorgung der Bevölkerung und die Entsorgung der entstehenden Stoffe. Sie sind die wichtigsten Bausteine einer kommunalen Daseinsvorsorge. 2



Alle im Gesetzentwurf vorgesehenen Kompromissvorschläge helfen den Kommunen nicht wirklich, in der beschriebenen Situation eine unerwünschte Parallelsammlung zu unterbinden. Also „freie Fahrt den gewerblichen Wertstoffsammlern“ ist die Ansage des Gesetzentwurfs. Das ist ein Musterbeispiel für den „Liberalisierungskurs“ von CDU und FDP mit einer Lobby-gesteuerten Rosinenpickerei für Privat zulasten der Allgemeinheit.
Den angeblich gewollten fairen Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen in der Abfallsentsorgung kann es nicht geben, denn: Den Kommunen verbleibt immer die Restverantwortung für die gemischten Siedlungsabfälle. Das heißt, die Kommunen haben nicht die Möglichkeit, sich ihrer Entsorgungsaufgabe zu entledigen, sondern sie bleiben immer weiter zuständig für einen allerdings immer geringer werdenden Anteil von Abfällen. Restabfällen.
Man darf nicht annehmen, dass man bestimmte Anreize in ein Gesetz aufnehmen kann und dass sich dann die Unternehmen gegen den wirtschaftlichen Verstand verhalten würden, sondern man muss dafür sorgen, dass schon diese Anreize nicht falsch gesetzt werden. Man wird die Situation haben, dass versucht wird, die Teile, die Wertstoffe, die Erlöse bringen, über gewerbliche Sammlungen tatsächlich zu entsorgen. Diese Erlöse fehlen dann gleichzeitig den Kommunen, um insgesamt die Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger in der Kommune stabil zu halten.
Aber nicht nur die Gebührenzahler werden durch diesen Gesetzentwurf belastet, auch die Beschäftigten in den Abfallbetrieben werden in ihren Rechten und Gehältern geschwächt. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bieten eine gewisse Garantie dafür, dass auch soziale Kriterien wie gute Arbeit, angefangen bei den Arbeitsbedingungen bis hin zur Tarifbindung, ausreichend Geltung finden können. Dies sehe ich nicht bei allen privaten Unternehmen in diesem Bereich gegeben. Es ist ein Unterschied, ob ein Müllwerker in einem Kommunalbetrieb einen ordentlichen Tariflohn bekommt oder in einem privaten Unternehmen für einen Mindestlohn von weit darunter arbeitet und deshalb zusätzlich bei der Arge eine Aufstockung beantragen muss.
Nach unserer festen Überzeugung und dem Prinzip der Daseinsvorsorge folgend, gehört der komplette Hausmüll einschließlich seiner wertvollen Anteile in die Hände der öffentlich- rechtlichen Entsorger. Mit dem neuen Gesetz entstehen Gefahren und Unwägbarkeiten für die öffentlich-rechtlichen Entsorger bezüglich Zuständigkeiten und Abfallgebühren. Daran ändern auch die in letzter Minute eingebrachten Kompromissvorschläge zur Beschränkung gewerblicher Sammlungen, die nur in Teilen in die richtige Richtung gehen, nichts. Die substantiellen Regelungen zu Lasten der Kommunen und der Beschäftigten bleiben erhalten und aus 3



ökologischer Sicht reicht es nicht, das Wort Abfallvermeidung aufzunehmen. Die Abfallvermeidung muss gestärkt werden.
Die Landesregierung muss diesen gesellschaftlich und ökologisch nicht ausreichenden Gesetzesentwurf im Bundesrat ablehnen, da er weiterhin verbesserungsbedürftig ist.