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14.12.11
10:43 Uhr
B 90/Grüne

Robert Habeck zum Denkmalschutzgesetz

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 11 - Denkmalschutzgesetz Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der Vorsitzende 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Robert Habeck: Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de

Es muss am Tonic liegen…. Nr. 689.11 / 14.12.2011

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
die Legislatur war noch nicht sonderlich alt, da hatte ich eine Podiumsdiskussion mit Herrn Kubicki über Denkmalschutz. Die Legislatur wird nicht mehr besonders alt, da haben wir die gleiche Diskussion noch mal.
Damals hat Herr Kubicki nicht über Denkmalschutz geredet, sondern über seine Vor- urteile. Und heute will die FDP ein Gesetz verabschieden, das diese Vorurteile zu Papier bringt.
Ich sage, die FDP, weil mein Eindruck ist, dass die CDU heute am liebsten gar nicht da wäre, um nachher nicht die Hand heben zu müssen.
Herr Wengler war nach der Ausschuss-Sitzung jedenfalls völlig bedient von der mas- siven Kritik, die dort vorgetragen wurde. Dennoch macht die Union heute mit – sie haben sich völlig verkalkuliert, was dieses Gesetz angeht.
Sie haben offenbar gedacht, dieses Gesetz ist ein Nischenthema und das können wir der Nischenpartei FDP zum Fraß vorwerfen. Und dann gab es bitterböse Briefe vom Heimatbund, von den Menschen, die denen der Erhalt ihrer Häuser etwas bedeutet und denen sie nun mit dem Umgebungsschutz den Rechtsanspruch nehmen, sich gegen Leuchtreklame oder Spielbanken in ihrer Nachbarschaft zu wehren.
Sie haben unterschätzt, wie sehr der Denkmalschutz – zusammen mit dem Natur- schutz - das Heimatverständnis der Menschen in Schleswig-Holstein artikuliert. Sie werden mit diesem Gesetz einmal mehr Menschen verprellen, die unter „konservativ“ etwas anderes verstehen, als Deregulierung, Steuersenkung oder Glücksspielgeset- ze.
Sie werden einmal mehr die verprellen, denen Tradition und Geschichte und Kultur etwas gilt. Seite 1 von 3 Meine Damen und Herren, man kann Ihnen nicht vorwerfen, sie würden Ihre Pläne nicht ändern. Ich erinnere an den ersten Gesetzentwurf von FDP und CDU, der inof- fiziell die Runde machte, ein Entwurf aus dem Abseits.
Dann das Gesetz, das wir in erster Lesung diskutierten und dessen Urteil im Aus- schuss man wohl als Totalverriss bezeichnen kann, jetzt erneut Nachbesserungen – die 1950-Regelung wird zu einer 65-Jahre Frist, was dazu führen kann, dass alle Gebäude, die theoretisch denkmalgeschützt werden könnten, erstmal abgerissen werden. Faktisch eine Verschlechterung des Denkmalschutzes also.
Noch immer wimmelt es von unklaren Rechtsbegriffen, die eben nicht einen weiche- ren Denkmalschutz bedeuten, sondern im Zweifel eine weichere Rechtssicherheit.
Schließlich bedeutet die Übertragung der Genehmigungspflicht auf die unteren Denkmalschutzbehörden, dass es faktisch keinen landesweiten Standard im Denk- malschutz mehr geben wird.
Die Veränderung eines Kulturdenkmals, die im Kreis x genehmigt werden kann, wür- de im Kreis y untersagt – und das, verehrter Herr Kubicki, ist der Kern des Problems. Sie haben nicht verstanden, was Denkmalschutz eigentlich ist – damals nicht und heute nicht. Es ist ein Ordnungsrecht.
Sein Sinn ist es, dass das definierte Interesse der Gesellschaft im Zweifel auch ge- gen individuelle Wünsche durchgesetzt werden kann. Kann. Nicht muss.
Die weit überwiegenden Fälle laufen problemlos, EigentümerInnen stimmen sich mit den Denkmalbehörden ab – und bekommen dann übrigens auch eine Bescheinigung über ihre Investitionen, mit denen sie ihre Steuern mindern können.
Diese Bescheinigungen stellt das Landesamt aus. Wenn dies aber bei der Verände- rung von Kulturdenkmalen nicht mehr beteiligt werden muss, wie soll es dann ent- scheiden, ob es diese Steuerbescheinigungen zu recht erteilt wurden oder nicht? Al- so auch hier: Mehr Schatten als Licht! Mehr Unklarheit als Klarheit!
Der Verwaltung ist es durch Moderationen in den letzten Monaten beispielhaft gelun- gen, zu Interessenausgleichen zu kommen, Windräder wurden errichtet, die bei puri- tischer Denkmalsicht zu verbieten gewesen wären, auf dem Aschberg kann ein In- vestor seine Outdoor-Akademie errichten, obwohl Bismarck dort als geschütztes Denkmal steht.
Moderationen konnten gelingen, weil es klar definierte Interessenlagen gibt. Der Denkmalschutz ist so eine. Er muss sich Interessenabwägungen, Konkurrenzen mit anderen Interessen und auch Konflikten stellen. Und er muss auch gelegentlich zu- rückstehen. Das liegt in der Natur der Sache. Aber er muss in diesem Wettbewerb eine faire Chance gegen die anderen Interessen haben.
Und mit diesem Gesetz wollen Sie dem Denkmalschutz diese Chance nehmen. Sie vermischen mit dem Denkmalschutzgesetz alles, entziehen den Fachbehörden die Durchsetzungskompetenz, geben diese an Behörden, die die Fachlichkeit nicht vor- halten können, schaffen damit Rechtsunsicherheit und frönen einem anti-modernen, bourgeoisen Kulturbegriff.

2 Sie haben Denkmalschutz nicht verstanden. Sie haben Kultur nicht verstanden.
Sie glauben, mit den ewigen Nachbesserungen hätten sie ein gutes Gesetz geschaf- fen und übersehen den eigentlichen Grund. Sie handeln wie der Mann, dem von Vodka-Tonic, Rum-Tonic, Gin-Tonic stets übel wurde und der nach langem Grübeln erkannte: es muss am Tonic liegen.
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