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21.03.13
09:29 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 14+37 - Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften

Presseinformation Kiel, den 21. März 2013

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 14+37 Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften
Drs. 18/630, 18/581 (neu)


Eingetragene Lebenspartnerschaften sind mit Pflichten verbunden, zum
Beispiel, was Unterhaltspflichten betrifft. Im Lebenspartnerschaftsgesetz
heißt es dazu: „Die Lebenspartner sind einander zu Fürsorge und
Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet. Sie
tragen füreinander Verantwortung.“
Es bestehen im Gegenzug aber auch Rechte, die den Partnern seitens des
Staates eingeräumt werden, so beim Erbrecht oder beim
Versorgungsausgleich. Heute geht es um die Vervollständigung dieser
Rechte bis hin zur Gleichstellung. Darüber streiten wir uns, übrigens nicht
zum ersten Mal, mit der CDU-Fraktion. 2

Die Konservativen tun sich schwer mit der Gleichstellung, obwohl sie
schon manche Position geräumt hat. Noch auf dem Sonderparteitag im
Dezember wollte sich die CDU der Frage nach der Gleichstellung allerdings
nicht stellen und hat nach stundenlangen Diskussionen eine
Stellungnahme erst einmal verschoben. Doch die Basis, und auch viele
prominente CDU-Politiker, sind unzufrieden. Die Liste der Unterstützer
einer Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften ist
beeindruckend: Familienministerin Kristina Schröder, der
gesundheitspolitische Sprecher Jens Spahn, die stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Ingrid Fischbach und der Vorsitzende des
Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz.
Und das Bundesverfassungsgericht treibt die CDU mit seinen Urteilen
auch noch vor sich her. Da baut sich enormer Druck auf, der bizarre Blüten
hervortreibt. So ist die Brandenburgische CDU-Abgeordnete Katherina
Reiche mit der Behauptung vorgeprescht, dass die gleichgeschlechtlichen
Lebensgemeinschaften unser aller Wohlstand gefährdeten, weil aus ihnen
kein Nachwuchs hervorgeht und damit die demografischen Probleme
verschärft würden. Als ob man mit der Verweigerung von Rechten
Menschen zu gemischtgeschlechtlicher Elternschaft treiben könne. Ihr
Kollege Stefan Müller von der CSU sieht gleich die Zukunft Deutschlands
von Schwulen und Lesben gefährdet. Dass er nebenbei noch ungewollt
Kinderlose gleich mit diskriminiert, ist dem wackeren Kämpfer für 3

Vermehrung noch gar nicht aufgefallen. Aber die Richtung, in die diese
Äußerungen weisen, ist klar. Den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften
werden Rechte vorbehalten, damit sich die Schwulen und Lesben eines
Besseren besinnen. Karl-Josef Laumann nimmt kein Blatt vor den Mund
und sagt ausdrücklich, dass für ihn nur gemischtgeschlechtliche Familien
mit Kindern gesunde Familien sind. Daraus schlussfolgert er, ich zitiere:
„Ohne viele gesunde Familien gibt es letzten Endes keine gute
Gesellschaft.“ Er ist sich des Applauses der ewig Gestrigen sicher. Doch das
Verständnis von gemischtgeschlechtlichen Familien als gesund und
gleichgeschlechtlichen als krank, also therapierbar, ist absurd. Sie ist falsch
und in der Wortwahl entlarvend.


Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass wir bei der
Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften von
Menschenrechten reden. Alle Menschen haben die gleichen Rechte,
unabhängig von Hautfarbe, Religion, Geschlecht und Herkunft. Dass
Menschenrechte unabhängig von der geschlechtlichen Orientierung
gewährt werden müssen; dazu hat sich die Bundesrepublik in zahlreichen
internationalen Übereinkommen verpflichtet. Das ist Ergebnis jahrelangen
Bemühens um Gleichstellung und Gleichberechtigung. Die Möglichkeit,
eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft einzugehen, stellt eine enorme
Errungenschaft dar. 4

Früher waren schwule Partnerschaften völlig rechtlos. Noch in den 80er
Jahren des letzten Jahrhunderts verweigerten Pflegekräfte und Ärzte
schwulen Lebenspartnern Auskünfte und Besuche des Patienten.
Schließlich gehörte der Partner zum Leben des Kranken, aber rechtlich
nicht zur Familie. Auf dem Höhepunkt der AIDS-Epidemie spielten sich
viele traurige Geschichten in den Krankenhäusern ab, weil es die
eingetragene Lebenspartnerschaft noch nicht gab. Viele Patienten
mussten gar den letzten Weg ohne Beistand des Partners antreten
Das ist hundertfach mitten in Deutschland geschehen. Eine schlimme
Grausamkeit. Früher galt der Partner nach dem Tode seines so genannten
Freundes nicht als Hinterbliebener und war gegenüber der Familie
benachteiligt und rechtlos, wenn entsprechende testamentarische
Regelungen fehlten. Zu diesen Zuständen möchte doch nun wirklich keiner
mehr zurück. Darum gibt es nach Jahren des politischen Kampfes die
eingetragene Lebenspartnerschaft. Sie war von Anfang an der kleinste
gemeinsame Nenner und ein Kompromiss, mit dem sich viele Konservative
erst einmal anfreunden mussten, der aber auch den Homosexuellen einen
Kompromiss abverlangte. Eine eingetragene Lebenspartnerschaft ist
immer noch keine Ehe. Und damit sind Homosexuelle Heterosexuellen
immer noch nicht gleich gestellt. Trotzdem ist es natürlich richtig, diesen
Weg hin zur Gleichberechtigung weiter zu verfolgen und die Rechte für
eingetragene Lebenspartnerschaften weiter auszubauen. 5

Das meint auch die weit überwiegende Mehrheit im Schleswig-
Holsteinischen Landtag, also fünf von sechs Fraktionen und diese fünf
Fraktionen haben aus diesen Gründen einen entsprechenden Antrag
vorgelegt, dass sich auch Schleswig-Holstein der geplanten
Bundesratsinitiative zur Verbesserung der rechte der eingetragenen
Lebenspartnerschaften anschließt.
Konsequenterweise und der Vereinfachung wegen sollten wir allerdings
wirklich überlegen, ob wir das sprachliche Ungetüm „Eingetragene
Lebenspartnerschaft“ nicht durch das eingängige und bekannte, und auch
gut eingeführte Wort „Ehe“ ersetzen sollten.
Damit wäre die Gleichstellung dann vollständig erreicht.