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24.04.13
12:10 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki zu TOP 2 (Regierungserklärung): Der Vorstoß des Energiewendeministers war nicht von sachlichen Erwägungen getragen

FDP-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Es gilt das gesprochene Wort! Wolfgang Kubicki, MdL Sperrfrist Redebeginn! Vorsitzender Christopher Vogt, MdL Stellvertretender Vorsitzender Nr. 187 / 2013 Dr. Heiner Garg, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer


Kiel, Mittwoch, 24. April 2013



www.fdp-fraktion-sh.de Regierungserklärung/ Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle aus Wiederaufbereitungsanlagen

Wolfgang Kubicki: Der Vorstoß des Energiewende- ministers war nicht von sachlichen Erwägungen getragen
In seiner Rede zu TOP 2 (Regierungserklärung zur Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle aus Wiederaufbereitungsanlagen) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Vor gerade einmal einem Jahr debattierten wir in diesem Hohen Hause über den Fund von gerosteten Atomfässern am Kernkraftwerk Brunsbüttel. Aus dieser sehr hitzigen Diskussion ist mir vor allem das Auftreten der Grünen noch gut erinnerlich – der damalige Fraktions- vorsitzende Dr. Habeck war an diesem Tag erkrankt, und sein Kolle- ge Detlef Matthiessen vertrat ihn hier im Plenum würdig.
Kollege Matthiessen sagte hier also am 23. März 2012 ausweislich des Plenarprotokolls in Richtung des damaligen Ministers Schmal- fuß:
„Wir stellen zum wiederholten Male fest, Herr Minister: Der Betreiber Vattenfall kann es nicht oder – das muss man vielleicht vermuten – will es nicht. Die Betreiberin geht nicht verantwortungsvoll mit Atom- kraft um.“
Und weiter sagte Matthiessen:
„Es fehlt Vattenfall an Transparenz und Offenheit. Immer nur ver- schleiern, vertuschen, kleinreden! Aus den genannten Gründen for- dern wir: Vattenfall muss die Betriebsgenehmigung für die AKW Krümmel und Brunsbüttel entzogen werden.“

Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 2
Es sind dieselben Grünen, die uns jetzt im Brustton der Überzeugung erklären wollen, dass sie Verantwortung für Deutschland übernäh- men. Die schleswig-holsteinischen Grünen übernehmen Verantwor- tung, indem sie eben diesen Betreiber – Vattenfall –,
• den Sie vor einem Jahr in beispielloser Weise beschimpft ha- ben, • dem Sie die Zuverlässigkeit abgesprochen haben und • dem Sie Verschleierung und Vertuschung vorgeworfen haben,
jetzt damit beauftragen wollen, mehrere Castoren mit hochradioakti- ven Abfällen in den kommenden Jahrzehnten zu beaufsichtigen.
Vattenfall kann allerdings nur eines sein: Entweder das Unternehmen ist als Betreiber unzuverlässig, oder es ist zuverlässig. Wenn wir Sie damals ernst genommen haben, als Sie Vattenfall wegen Unzuver- lässigkeit beschimpft haben, warum sollten wir es jetzt wieder tun?
Wie weit reicht Ihre Verantwortung, wenn Sie innerhalb verhältnis- mäßig kurzer Zeit eine solche 180-Grad-Wende vornehmen? Können sich die Menschen in Schleswig-Holstein darauf verlassen, dass Ihre politische Verantwortung länger trägt als Ihre Regierungsbeteiligung?
In den vergangenen Tagen und Wochen war tatsächlich viel von Verantwortung die Rede, wenn Vertreter der Regierungskoalition den tölpelhaften Vorstoß des Energiewendeministers öffentlich verteidigt haben. So erklärte die grüne Fraktionsvorsitzende von Kalben in ih- rer Pressemitteilung vom 11. April:
„Wir haben in der Koalition klare Vorgaben bezüglich der Sicherheit, der Finanzen und der Solidarität aller Länder verabredet. Nicht mehr und nicht weniger. Wir sind bereit, einen Teil der Verantwortung zu tragen und erwarten dies auch von allen anderen.“
Wer Verantwortung übernimmt, sollte gute Argumente haben, warum er handelt, wie er handelt. Ich habe jedoch vonseiten der Landesre- gierung bisher keine stichhaltigen sachlichen Argumente gehört, wa- rum Brunsbüttel ein geeigneter Standort für ein Zwischenlager ist.
Ich möchte festhalten: Verantwortung zu proklamieren ist etwas an- deres als Verantwortung zu übernehmen. Was Sie hier aber machen, ist, dass Sie lediglich von Verantwortung sprechen – Verantwortung übernehmen Sie definitiv nicht.
Denn wenn Sie wirklich Verantwortung übernehmen würden, dann würden Sie schnell feststellen, dass es fünf Gründe gibt, warum Brunsbüttel für die Zwischenlagerung von Sellafield-Castoren nicht geeignet ist.


Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 3 Punkt 1: Der juristische Aspekt.
Die Bundesrepublik kommt nicht darum herum, die Castoren aus Sellafield oder La Hague aufzunehmen. Wir müssen also für die kommenden Jahre bis Jahrzehnte für eine verlässliche – auch recht- lich verlässliche – Lagerung dieser Castoren sorgen.
Bis heute haben wir in Deutschland allerdings lediglich ein einziges genehmigtes Zwischenlager, das den Anforderungen für ein Zwi- schenlager auch entspricht – und das ist Gorleben. Ob es den Grü- nen in Niedersachsen, in Schleswig-Holstein oder sonst wo gefällt, oder nicht: Es ist der einzige Standort in ganz Deutschland.
Das Standortzwischenlager Brunsbüttel ist bis heute nicht bestands- fest genehmigt, weil noch ein Klageverfahren aus dem Zeitpunkt der Einrichtung anhängig ist. Die Genehmigung für die Zwischenlage- rung in Brunsbüttel ist lediglich bezogen auf den selbstproduzierten Kernbrennstoff.
Die Frage drängt sich also auf: Wenn wir mit Gorleben ein genehmig- tes Zwischenlager haben, warum lagern wir nicht dort – an einem zentralen Ort – die Castoren, bis wir ein Endlager gefunden haben? Aus welchem sachlichen Grund sollen Standorte wie Brunsbüttel oder Unterweser jetzt zum Zwischenlager umdeklariert und entspre- chend umgebaut werden – mit Steuergeldern in Höhe von voraus- sichtlich mehreren 100 Millionen Euro? Hierauf haben wir bislang keine sachliche Antwort erhalten.
Punkt 2: Verzögerungen beim KKW-Rückbau
Bislang konnte es der Landesregierung mit dem Rückbau des Kern- kraftwerkes Brunsbüttel nicht schnell genug gehen. Die jetzt vorge- sehene Einlagerung der Castoren aus Sellafield würde allerdings die Rückbauplanungen erheblich verzögern. Denn die freie Lagerfläche des Standortzwischenlagers Brunsbüttel war zur Nutzung für den Rückbau des Kernkraftwerkes vorgesehen.
Wenn die Landesregierung Verantwortung übernehmen will, dann muss sie sich jetzt entscheiden: Wollen Sie einen schnellen Rück- bau, oder wollen Sie ihn nicht? Wenn Sie weiterhin den schnellen Rückbau wollen, dann müssen Sie auch öffentlich sagen, dass das mit der zusätzlichen Einlagerung von Castoren nicht in Einklang zu bringen ist.
Punkt 3: Technische Aspekte.
Das derzeit gültige Zulassungskonzept für die Castoren sieht speziel- le technische Anlagen vor, die bundesweit bisher lediglich in Gorle- ben vorhanden sind. Wenn also einer dieser Castoren repariert wer- den soll, weil er aus irgendeinem Grund beschädigt ist, dann geht das bisher nur in Gorleben.
Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 4 Will die Landesregierung dies jetzt ändern, dann muss entweder das Zulassungskonzept geändert werden, oder in den Zwischenlagern Brunsbüttel bzw. Unterweser müssen diese Anlagen eigens errichtet werden. Ich habe bisher noch nichts davon gehört, dass die Landes- regierung einen dieser Punkte bisher überhaupt in Erwägung gezo- gen hat.
Oder müssen wir damit leben, dass wir in Brunsbüttel unter Umstän- den beschädigte Castoren stehen haben, die wir nicht wieder instand setzen können, weil uns die technischen Voraussetzungen fehlen? Ist das die Verantwortung, von der Sie sprechen?
Punkt 4: Sicherheitsaspekte.
Als Minister Dr. Habeck seinen Vorschlag an den Markt der Meinun- gen brachte, hatte er ganz offensichtlich noch nicht darüber nachge- dacht, mit welchen polizeilichen Mitteln, mit wie viel Personal die zu- sätzlichen Castoren gesichert werden sollten. Anders ist es nicht zu erklären, warum der Innenminister – zu Recht übrigens – sich hier schützend vor seine Polizeibeamten gestellt hat und vor einer perso- nellen Überlastung gewarnt hat.
Es klingt eigentlich unvorstellbar: Zum Zeitpunkt des Vorschlags von Minister Habeck, Brunsbüttel als ein Zwischenlager anzubieten, gab es keine Überlegung seinerseits, wie die Castoren auch längerfristig gesichert werden sollten.
Wenn Sie jetzt davon sprechen, Herr Minister, dass Sie Verantwor- tung übernehmen, ist das nur noch der hilflose Versuch, diesem un- bedachten Schnellschuss etwas Gutes abzugewinnen – und die poli- tischen Scherben, die Sie verursacht haben, wieder halbwegs aufzu- fegen. Es ist erschütternd, auf welch leichtfertige Art und Weise von diesem Minister Politik gemacht wird.
Es wird aber noch schlimmer.
Punkt 5: Politische Aspekte.
Was passiert eigentlich mit den Zwischenlagern, wenn der Versuch, ein Endlager zu finden, scheitert? Müssen wir in diesem Falle nicht davon ausgehen, dass wir in Brunsbüttel zu einer schleichenden Endlagerung kommen? Hatten Sie diesen Fall schon in Erwägung gezogen, als Sie Ihren Vorschlag gemacht haben?
Sollten Sie dies in Erwägung gezogen haben, dass Brunsbüttel viel- leicht zum Endlager wird, warum haben Sie bisher davon noch nichts der interessierten Öffentlichkeit gesagt?
Sollten Sie dies allerdings nicht in Erwägung gezogen haben, dann müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, ob Sie überhaupt imstan- de sind, diese ministerielle Verantwortung in ihrer Fülle zu tragen. Eine derart schwerwiegende Entscheidung von erheblicher Tragwei- Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 5 te quasi per Handstreich vornehmen zu wollen, ist alles andere als verantwortungsvoll!
Wenn Sie uns hier weismachen wollen, dass Sie verantwortungsvoll mit dem Problem der Zwischenlagerung von Castoren umgehen, oh- ne die offenen Fragen zu beantworten, dann halte ich das für eine in- tellektuelle Beleidigung. Es gibt schlichtweg viel zu viele offene Fra- gen, die im Vorhinein geklärt werden müssten – und dann entschei- det hierüber nicht die Landesregierung, sondern das Parlament.
Der Vorstoß des Energiewendeministers war nicht von sachlichen Erwägungen getragen, sonst hätte möglicherweise auch die Suche nach Alternativen stattgefunden. Der Vorstoß war vielmehr rein poli- tisch motiviert. Es geht schlicht um das politische Symbol „Gorleben“. Die Grünen in Schleswig-Holstein machen sich mit ihrer Entschei- dung für Brunsbüttel zum Handlanger ihrer niedersächsischen Partei- freunde – nicht mehr und nicht weniger.
Sachliche Argumente haben da keinen Platz.“



Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de