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27.02.14
15:45 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner: Schulen in Schleswig-Holstein: Wir wollen gleichstarke Säulen

Kiel, 27. Februar 2014 Nr. 039 /2014



Dr. Ralf Stegner:
Schulen in Schleswig-Holstein: Wir wollen gleichstarke Säulen Grußwort des Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Ralf Stegner, beim heutigen Jahreskongress des Philologenverbandes Schleswig-Holstein in Rendsburg (Es gilt das gesprochene Wort!):
In § 4 Abs. 4 des Schulgesetzes findet sich unter den Bildungs- und Erziehungszielen der Schule seit langem der Satz: „Die Schule soll die Offenheit des jungen Menschen gegenüber kultureller und religiöser Vielfalt, den Willen zur Völkerverständigung und die Friedensfähigkeit fördern.“ Der schrecklichen alten Floskel von der Armee als Schule der Nation hat Willy Brandt, dessen 100. Geburtstag wir kürzlich gefeiert haben, in seiner Regierungserklärung von 1969 entgegengehalten: „Die Schule der Nation ist die Schule.“
Und deshalb erlaube ich mir, meine Überraschung darüber zum Ausdruck zu bringen, dass eine Vereinigung wie der Philologenverband, also ein Verband der Freunde des Wortes, ihre Tagung unter ein Motto mit solch militaristischer Wortwahl stellt: „Flaggschiff Gymnasium im Fadenkreuz der Küstenkoalition!“
Ich nehme kein Blatt vor den Mund und frage Sie: Entspricht dies dem pädagogischen Beispiel für die Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien, die Ihnen anvertraut sind? Ist es wirklich Ihre Überzeugung, dass der bildungspolitische Diskurs – ein Bildungsdialog, wie es ihn in diesem Umfang und in dieser Intensität in unserem Land noch nie gegeben hat – mit einer Seeschlacht gleichzusetzen ist?
Dass die Gymnasien ein Flaggschiff, also das „Führungsschiff eines Kriegsschiffverbandes“, sind und dass die Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und SSW am Steuer eines U-Boots steht, 2



das dieses Schiff mit Mann und Maus auf den Meeresgrund schicken will? (Mein Leitbild ist Willy Brandt; das müssen Sie natürlich nicht teilen, aber ich wünsche mir auch nicht Karl Dönitz als Leitfigur des schleswig-holsteinischen Philologenverbandes.)
Ich möchte Ihnen ehrlich sagen: Diese Militarisierung der Sprache steht in einem krassen Gegensatz zu den Leitzielen unserer Schulen und auch zu dem Dialog, der für diese Koalition in allen Politikfeldern Grundsatz geworden ist.
Ich freue mich sehr, dass sich der Philologenverband Schleswig-Holstein diesem Dialog nicht entzogen hat. Ihre Vertreter haben an den Bildungskonferenzen 2012 und 2013 ebenso teilgenommen wie an den Anhörungen zur Schulgesetznovelle, die zunächst das Ministerium, später dann der Bildungsausschuss durchgeführt hat.
Und so kann ich berichten – ebenso wie sicher auch ihre Vertreter dort: Wir haben nicht mit Kugeln, Granaten und Torpedos aufeinander geschossen, sondern wir haben Argumente ausgetauscht. Über diese Argumente ist von den Bildungskonferenzen eine Vorentscheidung getroffen worden, die in die Schulgesetznovelle eingeflossen sind.
Sie wissen, dass wir vor der Landtagswahl 2012 gesagt haben, dass wir nach unserer Regierungsübernahme eine Reihe von Entscheidungen der CDU/FDP-Koalition rückgängig machen werden. Hierzu gehört nach unserer damaligen Überzeugung auch das Nebeneinander von G8-, G9- und Y-Gymnasien. Wir haben uns im Rahmen dieses Dialogprozesses bewegt.
Wir haben uns davon überzeugen lassen, die bereits bestehenden G9- und Y-Gymnasien weiter an diesem Modell festhalten zu lassen. Das ist uns nicht leicht gefallen, aber wir waren bereit, auch einen großen Schritt auf diejenigen zuzugehen, die schulpolitisch andere Überzeugungen hatten.
Zugegeben, wir verlangen auch den Gymnasien mehr ab. Beispielsweise auf dem Gebiet der Inklusion. Ich würde mich daher freuen, wenn sich die Gymnasien – und das verlangen wir von ihnen – in Zukunft viel mehr als bisher als „Zugpferde“ – wie Herr Kraus sie tituliert hat – verstehen würden.
Ihre Aufgabe ist es, Schüler, die sie aufgenommen haben, so zu fördern, dass sie das Ziel des Gymnasiums, die allgemeine Hochschulreife, erreichen. Natürlich sind wir uns der Kraftanstrengung bewusst, die hinter dieser Anforderung liegt. Und natürlich machen auch wir 3



uns nicht die Illusion, dass das ausnahmslos in jedem Fall gelingen wird. Die Entwicklung eines jungen Menschen auf ein knappes Jahrzehnt seines Lebens zu prognostizieren, ist unmöglich. Es gibt unendlich viele Variablen, die einen vielversprechenden heute Zehnjährigen auf diesem Weg scheitern lassen können – und genauso gibt es den heute eher leistungsschwachen Zehnjährigen, der bei entsprechender Förderung seiner Reserven jeden Bildungsabschluss erreichen kann.
Deutschland ist – das wird regelmäßig erklärt – ein Land mit wenigen Rohstoffen; aber unser wichtigster Rohstoff ist der, der sich in den Köpfen unserer Kinder und Enkel befindet. Und diesen Rohstoff muss man fördern. Kein Kind zurücklassen – das ist unser Motto.
Die Schulgesetznovelle, die wir im Januar verabschiedet haben, hat für das Gymnasium selbst kaum strukturelle Veränderungen gebracht. Aber es muss sich natürlich unter den Bedingungen einer Zweigliedrigkeit bei den Schulen der Sekundarstufe neu sortieren, in der Abgrenzung, aber zugleich auch im engen Zusammenwirken mit der Gemeinschaftsschule. Das ist eine Aufgabe, die sich beiden Schularten gleichermaßen stellt.
Gänzlich falsch ist der Eindruck, wir würden den § 44 – den über die Gymnasien – stillschweigend aus dem Schulgesetz streichen. Unterschätzen Sie uns nicht. Wir wissen, dass das Gymnasium in der Gesellschaft stark verankert ist. Wir wollen gleichstarke Säulen, die unsere Schülerinnen und Schüler zum Abitur führen: Gymnasien, Gemeinschaftsschulen und auch die beruflichen Schulen.
Viele meiner Kollegen im Parlament haben ein Gymnasium besucht oder sind gar selbst Gymnasiallehrer gewesen, so auch unser bildungspolitischer Sprecher, mein Vertreter im Fraktionsvorsitz, Martin Habersaat. Glauben Sie uns: Wir halten, was wir versprechen. Und wir führen keinen irrationalen „Kampf“ gegen die Gymnasien. Das sage ich Ihnen zu.
Dialog lebt von klaren und deutlich unterscheidbaren Standpunkten. Das schätze ich am Philologenverband, dass er diesen klaren Standpunkt formuliert, auch wenn ich in vielen Punkten nicht mit ihm einverstanden sein kann. Und doch ist dies sicherlich zugleich etwas, was Sie und mich miteinander verbindet.
Aber ich bitte Sie, nicht zu übersehen, was auch die Gemeinsamkeiten zwischen uns sind, nämlich der tägliche Einsatz für die bestmögliche Schule im Interesse der nachwachsenden 4



Generation. Ich möchte Ihnen jedenfalls versprechen, dass wir Ihnen als Dialogpartner auch künftig zur Verfügung stehen. Dieses Ziel verbindet uns und daran sollten wir gemeinsam arbeiten.