Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
20.03.15
18:26 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Geheimdienst

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 21 – Aufrüstung der Geheimdienste stoppen Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Düsternbrooker Weg 70 Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Burkhard Peters: Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 139.15 / 20.03.2015

Liebe Bundesregierung, so nicht! Die Ausschüsse zu den Snowden-Enthüllungen und der „NSU-Affäre“ haben ein prob- lematisches Innenleben unserer Geheimdienste offenbart.
Der BND hat den massiven Eingriff von NSA und GCHQ in die Grundrechte aller Deut- schen nicht nur nicht verhindert, sondern auch noch mit ihnen zusammengearbeitet und dabei geholfen, die eigenen Bürgerinnen und Bürger auszuspionieren.
Auf die Vergangenheit und Gegenwart des deutschen Verfassungsschutzes näher ein- zugehen, würde hier den Rahmen sprengen. Festhalten kann man allerdings, ange- sichts der V-Leute-Problematik und den zahlreichen Beispielen rechtswidriger Aktionen im Zusammenhang mit dem Nationalsozialistischen Untergrund:
Verfassungsschutzbehörden können aufgrund ihrer klandestinen Abschottung gele- gentlich in die Gefahr geraten, das zu gefährden, was sie eigentlich schützen sollen: Die demokratische Rechtsordnung.
Über die Art und Weise, wie die Bundesregierung nun offenbar auf all das reagiert, kann man sich nur verwundert die Augen reiben. Nach einem Blick auf den Geset- zesentwurf „Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich Verfassungsschutz“ wird schnell klar, dass die Reform aus den vorliegenden Erkenntnissen völlig falsche Schlussfolgerungen zieht.
Die Begründung des kürzlich veröffentlichten Gesetzesentwurfs verspricht, „die Zu- sammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden weiter zu verbessern“, die „IT- gestützte Analysefähigkeit auszubauen“, und den Verfassungsschutz „in die Zukunft auszurichten“ – So weit, so gut.
Begründet wird all dies damit; „extremistischen und terroristischen Bestrebungen effek-
Seite 1 von 2 tiver entgegentreten zu können“.
Diese Begründung erscheint bereits recht schwammig, gemessen an der Eingriffstiefe der nachfolgenden Gesetzesänderungen. Mit diffusen Sicherheitsbedrohungen soll hier nichts weniger als die großflächige Breitbandüberwachung der Bürgerinnen und Bürger vorangetrieben werden.
Ebenfalls völlig uferlos werden die Voraussetzungen zur Datenübermittlung des Ge- heimdienstes an die Polizei im Paragraph 19 VerfassungsschutzG des Entwurfs formu- liert. Übrigens hat das Bundesverfassungsgericht bereits Anmerkungen zur Bestimmt- heit der Übermittlungskompetenz geäußert. Die Voraussetzungen für eine Datenüber- mittlung seien angesichts eines erheblichen Grundrechtseingriffs nicht hinreichend klar geregelt. Mich würde interessieren, was die obersten Richter zu diesem neuen Entwurf sagen würden!
Durch die Ausweitung seines Aufgabenbereichs auf sogenannte „Cyber-Kriminalität“ soll der BND scheinbar zu einer international agierenden „Cyberpolizei“ umfunktioniert werden. Konkret sprechen wir über geplante Änderungen des „Artikel-10-Gesetzes“, das die Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis durch Telekommunikationsüberwachung regelt.
Der BND hat in der Vergangenheit mit der Breitbandüberwachung gegen das Gesetz verstoßen – so u. a. der ehemalige Vorsitzende des BVerfG, Hans-Jürgen Papier. Jetzt soll es einen gesetzlichen Freibrief geben, massenhaft Daten aus dem Internet zu sau- gen und zu speichern.
Der Katalog der Taten, zu deren Verfolgung eine Überwachung durch den Geheim- dienst zulässig sein soll, soll enorm vergrößert werden. Bereits zwecks Verfolgung auch geringfügiger Computervergehen (§§ 202a, 303a StGB) sollen Daten ausgespäht und gespeichert werden dürfen.
Wie das nun mit der Bekämpfung von Terror oder gar dem Schutz der freiheitlich- demokratischen Grundordnung zusammenpasst, bleibt unklar. Würde der BND seinen neuen gesetzlichen Auftrag zum Schutz vor „Cyber-Gefahren“ ernst nehmen, müsste er im Übrigen konsequenterweise als erstes etwas gegen die Ausspionierung unseres kompletten Internet- und Telefonverkehrs durch die NSA unternehmen.
Angesichts der Überwachungsskandale geht dieser Gesetzesentwurf bereits vom Grundsatz her in eine völlig falsche Richtung. Die Bundesregierung betrachtet die Snowden-Enthüllungen offenbar als Machbarkeitsstudie, und nicht als Skandal. Die In- stitutionen Verfassungsschutz und BND müssen von Grund auf überdacht werden, we- nigstens muss eine stärkere Kontrolle her, der Aufgabenbereich muss klar und schlank beschrieben werden. Doch was macht die Bundesregierung? Sie legalisiert stattdessen den massiven Rechtsbruch.
Liebe Bundesregierung, so nicht. Es gibt genügend gute Gründe, den Gesetzentwurf, sollte er denn so kommen, im Bundesrat abzulehnen.
Nach alledem nehmen wir den Antrag der Piratenfraktion gern zum Anlass, den The- menkomplex in Bezug auf mögliche Auswirkungen auf unser Landesamt für Verfas- sungsschutz im Innenausschuss zu erörtern.
*** 2