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22.07.16
10:36 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Gottesbezug in der Landesverfassung

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 10 + 17 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Landeshaus Verfassung des Landes SH Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die Vorsitzende der Fraktion Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Eka von Kalben: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 353.16 / 22.07.2016 Es geht um Religionstoleranz
zum dritten Mal spreche ich hier zum Thema Gottesbezug in der Verfassung.
Dazwischen lagen viele Gespräche, organisiert von der Volksinitiative – unendliche Ge- spräche beim Kaffee, in der Fraktion, per E-Mail und in den sozialen Netzen. Es ist erstaun- lich, dass ein Thema, das insbesondere diejenigen, die den Gottesbezug ablehnen, als nicht relevant einstufen, solche Debatten auslöst.
Die vielen inhaltlichen Auseinandersetzungen zeigen auch, dass die Debatte um den Got- tesbezug – egal wie sie ausgeht – nicht überflüssig gewesen ist.
Es gab in den letzten Monaten kaum ein anderes Thema, zu welchem mich so viele Briefe und Emails von Bürgerinnen und Bürgern erreicht haben wie zu diesem. Zum Teil sogar von Bürgerinnen und Bürgern, die selbst gar nicht in Schleswig-Holstein leben. Dabei hat sich gezeigt: nicht nur wir hier im Landtag, sondern auch die Menschen im Land nehmen in dieser Frage sehr unterschiedliche Haltungen ein.
Viele haben nach einem Kompromiss gesucht, wie wir die Präambel so gestalten können, dass Menschen mit religiösem Wertegerüst sich von der Präambel angesprochen fühlen. Und zwar ohne, dass sich nicht-religiöse Menschen ausgeschlossen fühlen. Das finde ich sehr erfreulich! Vor allem weil es gezeigt hat, dass wir aufeinander zugehen können.
Ich habe in dieser Debatte zwei Punkte immer wieder deutlich gemacht:
Mir persönlich ist es, erstens, sehr wichtig, dass wir in dieser Debatte interreligiös denken. Es gibt nicht nur eine Glaubensrichtung in unserem Land und ich setze mich dafür ein, dass wir alle Menschen gleichbehandeln. Und zwar unabhängig davon, welcher Religion sie an- gehören und auch unabhängig davon, ob sie überhaupt einer Religion angehören. Auch das ist mir wichtig, zu betonen!
Seite 1 von 3 Wie ich bereits in der Debatte im April gesagt habe: ich möchte in die Präambel unserer Verfassung ein Bekenntnis zur Vielfalt setzen.
Ein Signal auch an diejenigen, die sich hier zurechtfinden müssen. Ein Signal das sagt: Ihr dürft Eure Religion im Rahmen der Grundrechte ausleben. Auch wir ermöglichen Religiosi- tät aber ohne Scharia.
Mein zweites wichtiges Anliegen in der Debatte um den Gottesbezug ist, dass es hier nicht darum geht, die Trennung von Kirche und Staat in Frage zu stellen. Diese ist auch mir sehr wichtig. Grüne setzen sich für eine konsequente Trennung von Kirche und Staat ein.
Es geht hier aber heute nicht um die Kirche und es geht auch nicht um den sogenannten politischen Islam. Es geht um Religionstoleranz.
In unsere Debatte spielen verschiedene Ängste: Einige befürchten, wie schon gesagt, dass die Trennung von Kirche und Staat, aufgeweicht durch einen Gottesbezug in der Verfassung, aufgelöst werden soll.
Andere machen sich Sorgen, dass die die Integration muslimischer Menschen in unser Land erschwert werde. Dass der politische, der radiakle Islam, der sich auf die Scharia be- zieht, gestärkt werde. Und dass es besser sei alleine die Grundrechte in der Präambel zu erwähnen.
Eine weitere Befürchtung ist die, dass durch einen Gottesbezug in der Präambel unserer Verfassung Wasser auf die Mühlen derjenigen gegossen wird, die das christliche Abend- land herbeireden. Dass diese unsere Präambel dann nutzen um gegen Fremde um gegen den Islam zu polemisieren.
Die vorliegende Formulierung ist aber aus meiner Sicht gerade eine gute Grundlage diesen Ängsten entgegenzuwirken.
Ich wünsche mir, dass bei einer Behandlung in Politikunterricht oder Studium, was ja ver- mutlich die häufigste Begegnung mit dem Verfassungstext ist, eine rege Diskussion um die Rolle von Religion in unserem Staat entsteht.
Noch auf ein Wort zu den vielen kritischen Anhörungsergebnissen verschiedener Verbän- de. Dort werden viele gute Argumente genannt, auf einem hohen abstrakten Niveau. Aber! Es gibt auch viele Menschen, die wir nicht zur Anhörung einladen, die zum Beispiel bei der Volksinitiative unterschrieben haben. Und wir sollten uns schon überlegen, wie wir diese Menschen auch mit einbeziehen.
Wir sollten uns die Frage stellen, was religiöse beziehungsweise gläubige Menschen in die- sem Land empfinden, wenn man ihnen verwehrt, dass Gott und andere Quellen in der Prä- ambel genannt werden. Wenigstens in dieser abgeschwächten Form. Die Nennung von Gott und anderen individuell wichtigen Quellen geben vielen Menschen Halt.
Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass es uns nicht gelingen kann, einen Kompromiss zu schließen mit der Erwähnung des Wortes Gott, der sich ansonsten nicht viel von der Al- ternative unterscheidet. Und es ist mir ein Rätsel, weshalb die Erwähnung des Wortes Gott mehr trennt als der Be- zug auf das religiöse Erbe.

2 Was ich persönlich in einer sich weiterentwickelnden Gesellschaft als einschränkend emp- finde.
An der neuen Formulierung die jetzt vorliegt, gefällt mir besonders, dass die Demutsformel mit eingeflossen ist. Es gehört zum Wesen eines Kompromisses, dass alle sich aufeinander zubewegen müs- sen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann den vorliegenden Entwurf wissenschaftlich zer- reißen. Man kann ihn literarisch zerreißen. Man kann in einem möglichen Gottesbezug in der Präambel unserer Verfassung die religiöse Versklavung des Abendlandes sehen. Oder man sieht es einfach als eine gute Kompromissformel für die, die glauben und die, die nicht glauben.
Vielen Dank.
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