Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
22.07.16
13:31 Uhr
SSW

Zu Protokoll gegeben: Flemming Meyer - In diesem Fall ist unsere Devise: Sicherheit vor Profit

Presseinformation Kiel, den 22.07.2016

Rede zu Protokoll gegeben



Flemming Meyer TOP 45 Opt-Out bei der Verlängerung der Zulassung von Glyphosat Drs. 18/4407

„In diesem Fall ist unsere Devise: Sicherheit vor Profit“


Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, kurz BVL, hat für den
Einsatz von Glyphosat genaue Anwendungsbestimmungen erlassen. So dürfen Glyphosat-
haltige Pflanzenschutzmittel innerhalb eines Kalenderjahres auf ein und derselben Fläche nur
maximal zweimal im Abstand von mindestens 90 Tagen ausgebracht werden; und zwar nicht
mehr als insgesamt 3,6 kg Wirkstoff pro Hektar und Jahr. Wer gegen diese Vorgaben in
Deutschland verstößt, muss die erzeugten Lebensmittel vernichten und mit einem Bußgeld
rechnen. Das ist gängige Praxis in Deutschland seit mehr als zwei Jahren. Die staatlichen
Stellen begrenzen also bereits den Einsatz des Mittels, über das sich die Bundesregierung nicht
so ganz einig ist.



Inzwischen ist Glyphosat trotz dieser Maßnahmen allerdings sowohl in vielen Lebensmitteln
als auch in der Muttermilch nachgewiesen worden. Dabei wurden Grenzwerte überschritten: 2
im Falle von Honig im Landkreis Spree-Neiße sogar um das Hundertfache der erlaubten
Rückstandshöchstmenge. Das könnte daran liegen, dass die private Verwendung von
Glyphosat mehr oder weniger ungeregelt ist. Der Verkauf von Glyphosat unter dem
Markennamen Roundup, Finolsan oder Glyfos ist nämlich keinerlei Beschränkungen
unterlegen; nicht einmal ein Sachkundenachweis ist nötig, um das Gift zu kaufen. Sogar
manche Supermärkte führen Glyphosat in ihrem Sortiment. Wir können demzufolge nur
rätseln, wie verantwortungsvoll Grundstückbesitzer mit der Gift umgehen; wie ernsthaft sie
die Warnhinweise auf der Packung nehmen, die eindeutig zeigen, dass Glyphosat reizend und
umweltgefährlich ist.



Das Zeug ist gefährlich. Klar; sonst würde es ja nicht wirken. Der Verdacht kam auf, dass es
auch Menschen gefährdet, indem es Krebs auslösen kann. In diesem Fall ist unsere Devise:
Sicherheit vor Profit. Ich habe darauf bereits mehrmals in der Vergangenheit hingewiesen.
Die Untersuchungen laufen noch. Die Europäische Chemikalienagentur soll jetzt mittels einer
systematischen Untersuchung Klarheit schaffen, ob Glyphosat krebserregend ist oder nicht.
Das heißt nicht, dass wir bis zu einem endgültigen Ergebnis zum Nichtstun verdammt sind.
Deutschland könnte beispielsweise die Einsatzbereiche von Glyphosat weiter einschränken.
Ausdrücklich hat EU-Gesundheitskommissar Andriukaitis diese Option eröffnet. Er wies extra
auf Einschränkungen hin, die jedes EU-Mitglied erlassen könne. Er sagte: „Sobald ein Wirkstoff
genehmigt oder auf EU-Ebene erneuert wird, ist es an den Mitgliedstaaten, die Endprodukte,
also die Herbizide und Pestizide selbst auf ihren jeweiligen Märkten zu genehmigen.“



Die Bundesrepublik könnte also den freien Verkauf von Glyphosat verbieten, die Ausbringung
durch die Landwirtschaft strenger kontrollieren und die Vergiftung von Straßen und Wegen
durch die Straßenverwaltungen grundsätzlich untersagen. All diese Möglichkeiten hat sie. Wir
weisen auf diese abgestuften Möglichkeiten hin und fordern mehrere davon in unserem 3
Änderungsantrag. Die Enthaltung im EU-Verfahren ist also mitnichten das schwerste Geschütz,
das die Bundesrepublik in Stellung bringen kann. Sie hat durchaus mehr Möglichkeiten in der
Hand. Sie lässt uns das nur glauben. Die schwarz-weiß-Rhetorik ist aber überhaupt nicht
angebracht und auch nicht der Verweis auf Brüssel.



Ich halte es für grob fahrlässig, dass Landwirtschaftsminister die Kritik an Glyphosat als
Todesstoß für die Landwirtschaft umdeutet. Damit ignoriert er mutwillig seine eigenen
Entscheidungsspielräume und dämonisiert wider besseren Wissens die Gegner von Glyphosat.
Eine qualifizierte Debatte ist auf diesem Wege natürlich nicht möglich.
Ich würde mir wünschen, wenn das Ministerium in Berlin die Kritik der Bürgerinnen und Bürger
ernster nehmen würde und den Einsatz von Glyophosat umgehend einschränkt.