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22.09.16
13:52 Uhr
FDP

Anita Klahn (Änderung des AGG): Das ist eine extrem kostspielige Ersatzhandlung zur Beruhigung des sozialdemokratischen Gewissens

Presseinformation
Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Wolfgang Kubicki MdL Kubicki, Vorsitzender Christopher Vogt MdL Vogt, Stellvertretender Vorsitzender Dr. Heiner Garg MdL Garg, Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 345/2016 Kiel, Donnerstag, 22. September 2016
Gesellschaft/Gleichstellung



www.fdp-fraktion-sh.de Anita Klahn: Das ist eine extrem kostspielige Ersatzhandlung zur Beruhigung des sozialdemokratischen Gewissens In ihrer Rede zu TOP 22 (Änderung des AGG) erklärt die sozialpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn: Klahn:
„Das Erstaunliche an dem vorliegenden Antrag ist, dass Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt haben. Sie legen in der Regel doch größten Wert auf wissenschaftliche Expertise, tragfähigen Analysen und repräsentativen Stu- dien.
Es gibt aber keine repräsentativen Erhebungen oder tragfähigen Studien, auf die sich die Forderungen der Koalition stützen. Vielmehr scheint es für uns Liberale so, als ob hier in ihren Auswirkungen eine extrem kostspielige Ersatzhandlung zur Beruhigung des sozialdemokratischen Gewissens vorge- nommen werden soll.
Es liegen umfangreiche Stellungnahmen zu dem Tätigkeitsbericht der Anti- diskriminierungsstelle und den dort gemachten Vorschlägen vor. Und die Fachleute waren ziemlich deutlich, warum verschiedene Vorschläge nicht ganz so sinnvoll sind. Dieses räumt die Bürgerbeauftragte ja auch in einem nachträglichen Schreiben selbst ein.
Zu Punkt 1- dem Entschädigungsanspruch nach § 15 AGG: Die bisherige ge- setzliche Regelung sieht schon eine entsprechende Sanktion vor, die zudem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung trägt. Die Ausweitung des Entschädigungsanspruches wäre unverhältnismäßig. Der schleswig- holsteinische Richterverband und auch Prof. Dr. Oetker von der rechtswis- senschaftlichen Fakultät der CAU verdeutlichen in ihren Stellungnahmen, dass der § 15 Abs. 2 AGG einen Sonderfall betreffen und ‚dass bei allen an- deren Sachverhalten die vom Gericht als angemessen erachtete Entschädi- Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de gungshöhe auch den Betrag von drei Monatsgehältern übersteigen kann.‘ Also kein Handlungsbedarf!
Zu Punkt 2 – § 15 Abs. 4 und § 21 Abs. 5 AGG: Eine Verlängerung der An- zeigefrist ist aus fachlicher Sicht nicht nötig. Erstens beginnt ‚die Frist erst mit Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsache‘. Und in der Praxis wer- den Ansprüche entweder sofort oder gar nicht geltend gemacht. Im Übrigen hat der EuGH ausgeurteilt, dass eine zweimonatige Ausschlussfrist nicht als eine übermäßige Erschwerung der Geltendmachung von Rechten zu werten ist. Also auch hier reine Symbolpolitik.
Zu Punkt 3: Nach unserer Kenntnis ist der sogenannte verkündungsferne Bereich nicht in die Privilegierung des § 9 Abs. 1 AGG einbezogen – so füh- ren es zumindest zahlreiche Kommentare zum AGG aus. Dazu stützt sich die in § 9 AGG geregelte Begünstigung der Religionsgesellschaften auf Art. 140 GG. Sowohl die Juristen wie die Kirchen weisen auf diesen Schutz hin.
Zu Punkt 4 – Maßregelungsverbot des § 16 AGG: Der hier angesprochene Sachverhalt ist bereits von allgemeinen zivilrechtlichen Verbotstatbestän- den erfasst. So wird eine Benachteiligung, die wegen der Ausübung von Rechten erfolgt, bereits sowohl vom Schikaneverbot (§ 226 BGB), also auch von dem Verbot des sittenwidrigen Verhaltens (§ 138 BGB) abgedeckt. Eine Änderung des AGG ist daher nicht notwendig.
Zu Punkt 5: Gute Idee, deswegen ist dieser Sachverhalt im Betriebsverfas- sungsgesetz in den §§ 80; 84 und 85 bereits normiert. Wenn hier ein Hand- lungsbedarf besteht, dann vielleicht in der Praxisanwendung.
Im Arbeitsrecht existiert ein Klagerecht von Betriebsrat und Gewerkschaf- ten. Die Sozialdemokratie scheint aber einfach kein Vertrauen mehr in die Gewerkschaften zu haben, nachdem sie die Tarifautonomie geschleift hat. Anders kann ich mir die Einführung eines Verbandsklagerechts im AGG un- ter Punkt 6 nicht erklären.
Ihre Forderung ist nicht nur absoluter Unsinn, sondern wirkt wie ein lukrati- ves Beschäftigungsprogramm für Anwälte. Oder sollte es der Existenzsiche- rung des Antidiskriminierungsverbandes dienen?
Zu erwarten ist auf jeden Fall, dass Arbeitgeber aufs Blaue mit Klagen über- zogen werden – zumal es völlig ohne Prozessrisiko ist, da es vor dem Ar- beitsgericht keine Kostenerstattung gibt und man nie die Prozesskosten der Gegenpartei übernehmen muss.
Wenn das die Zielsetzung der Koalition war, dann kann ich ihnen nur gratu- lieren. Dieses Ziel erfüllt ihr Antrag in ganz hervorragender Weise. Ich kann nur hoffen, dass zumindest bei der Landesregierung genug Sachverstand vorherrscht, diese Aufforderung einfach zu ignorieren.
Meine Fraktion lehnt den Antrag ab.“



Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de