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22.09.16
16:46 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 14: Reine Symbolpolitik

Presseinformation
Kiel, den 22.09.2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 14 Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes Drs. 18/4590(neu)

Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 20.01.2012 zur Teilfortschreibung
der Regionalpläne für die Planungsräume I und III mit den Ausführungen zur Steuerung der
Windenergienutzung, war plötzlich klar, dass die Ausweisung für Windeignungsflächen
komplett auf neue Beine gestellt werden muss. Im Grunde genommen hat das Gericht klar
gemacht, dass Gemeinden bei der Auswahl von Flächen für die Windenergienutzung durch
Gemeindebeschlüsse oder Bürgerentscheide nicht pauschal mitentscheiden dürfen. Soll
heißen: Eine einfache gemeindliche Willensbekundung – „pro“ oder „contra“ zur weiteren
Nutzung der Windenergie auf gemeindlichem Gebiet ist unzulässig. Es sind somit von den
Gemeinden inhaltlich stichhaltige Begründungen nötig.
Das Raumordnungsgesetz schreibt in §7 Abs 2 unter anderem vor: Bei der Aufstellung der
Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen
Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander
abzuwägen. 2
Damit ist klar, dass künftig nur sachlich begründete Entscheidungen ausschlaggebend sind für
oder gegen die Nutzung der Windenergie. Gleichwohl ist es für uns als SSW nur schwer zu
ertragen, dass der Wille vor Ort bei solchen planerischen Entscheidungen nicht in jedem Fall
bestimmend sein darf. Natürlich ist der Bürgerwille oder eine Entscheidung eines gewählten
Gemeinderates manchmal anders zu bewerten als ein regelrechter sachlicher Grund. Trotzdem
muss man sagen, dass in einer Demokratie der Bürgerwille oder die Entscheidung einer
gewählten Kommunalvertretung eigentlich ein noch höheres Gut sein müsste als die reine
sachliche Abwägung von reinen sachbezogenen Ausschlusskriterien. Der Bürgerwille und die
Entscheidung der Kommunalvertretung sollten eigentlich immer einen gewissen Vorrang
haben und so auch dazu führen können, dass jenseits von reinen Abwägungsparametern, auch
eine politische Entscheidung – legitimiert durch die Bürgerinnen und Bürger – erfolgen kann.



Nachdem das Urteil also fest stand, hat die Landesregierung das Heft in die Hand genommen
und entsprechend gehandelt. Die Situation wurde mit den Betroffenen erörtert und das
Vorgehen wurde kommuniziert und abgestimmt. Dies hat die Landesregierung getan und das
war gut und richtig. Denn niemand bei uns im Land kann ein Interesse daran haben, dass die
Windenergienutzung für unbestimmte Zeit unkoordiniert abläuft. Die notwendigen Schritte
wurden eingeleitet und die rechtlichen Grundlagen wurden dafür geschaffen. So wurden
beispielsweise das Landesplanungsgesetz und der Planungserlass geändert.
Wir haben hier im Landtag und in den Ausschüssen bereits einige Anträge und Gesetzentwürfe
behandelt und debattiert, denn natürlich ist es der Wunsch von Seiten der Politik, dem
kommunalen Willen auch in Zukunft Rechnung tragen zu wollen, ohne dem Urteil zuwider zu
laufen. Das ist auch ganz klar der Wunsch der Landesregierung, jedoch kann und darf der
juristische Aspekt nicht außer Acht gelassen werden und das macht die Sache so kompliziert.
Aus diesem Grund hat die Landesregierung zu einem juristischen Expertengespräch
eingeladen, wo es um Gemeindewillen und Bürgerbeteiligung ging. Die Teilnehmerzahl macht 3
deutlich, dass es ein reges Interesse zu diesem Thema gibt. Das Ergebnis und die
Schlussfolgerungen der Veranstaltung lassen keinen anderen Schluss zu, als dass die
Landesregierung mit ihren Einschätzungen und den eingeleiteten Maßnahmen auf dem
richtigen Weg ist.
Trotzdem möchte ich kurz auf das Beispiel in Nordfriesland hinweisen, wo es der kommunalen
Ebene in Abstimmung mit der Landesplanung gelungen ist, bestimmte Bereiche künftig von
Windkraftanlagen frei zu halten. Es handelt sich dabei um vier charakteristische
Landschaftsräume, die erstmals in 2002 frei gehalten wurden, um das traditionelle
Erscheinungsbild zu schützen. Um diese Flächen auch weiterhin schützen zu können, hat der
Kreis, in Abstimmung mit der Landesplanung, diese schutzwürdigen Flächen einstweilig
sichergestellt, um sie dann mit einer Schutzgebietsverordnung zu versehen. Damit wird
deutlich, dass die kommunale Ebene durchaus die Möglichkeit hat, Flächen freizuhalten, sofern
sachliche Begründungen dies hergeben.



Wir behandeln den vorliegenden Gesetzentwurf heute in erster Lesung und natürlich wird er
ein ordentliches parlamentarisches Verfahren durchlaufen. Aber ich sagen ihnen bereits heute:
Dieser Gesetzentwurf ist reine Symbolpolitik und wird uns in der Sache nicht weiter bringen.
Er suggeriert zwar, dass dem Gemeindewillen, damit stärker Rechnung getragen wird, aber
rechtlich ändert er nichts, sondern schreibt nur auf, was ohnehin jetzt schon geschieht. Gut
gemeint ist nicht immer gut gemacht.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html