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22.09.16
17:30 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Landesverfassungsgerichtsgesetz

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 16 – Landesverfassungsgerichtsgesetz 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Burkhard Peters: Nr. 402.16 / 22.09.2016


Unser Gesetz bringt hier eine klare Verbesserung
Der mit der Mehrheit von fünf Fraktionen und den Abgeordneten des SSW eingebrach- te Gesetzentwurf verfolgt im Wesentlichen das Ziel, die Wählbarkeit und Amtszeit für unsere LandesverfassungsrichterInnen in wichtigen Punkten, die für das Bundesver- fassungsgericht gelten, anzupassen.
Auch in anderen Bundesländern ist man bei der langen Amtszeit und dem Ausschluss einer Wiederwahl dem Vorbild des Bundesverfassungsgerichts gefolgt, zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg.
Ich finde, wir orientieren uns dabei an einem äußerst respektablen Vorbild. Der hohe Ruf des Bundesverfassungsgerichts steht außer Frage. Mit bahnbrechenden Entschei- dungen hat das Bundesverfassungsgericht gerade in Rechtsbereichen, die Ihnen, liebe Piratenfraktion, besonders am Herzen liegen, die Rechtswirklichkeit in der Bundesre- publik maßgeblich geprägt. Man denke nur an das Volkszählungsurteil oder an das Ur- teil zur Vorratsdatenspeicherung.
Die Verlängerung der Amtszeit auf jetzt zwölf Jahre dient der Stärkung der Unabhän- gigkeit des Richteramtes am Landesverfassungsgericht. Politische Einflussnahme wird dadurch deutlich erschwert und die Person kann ihr Amt länger unbehelligt von mögli- chen wahltaktischen Erwägungen führen.
Denn je kürzer die Amtszeit bei Wiederwahlmöglichkeit ist, desto mehr können die Wahlen möglicherweise Einfluss auf die Tätigkeit der betroffenen KandidatInnen neh- men.
Aber auch die jetzt von uns ermöglichte Wählbarkeit von Nicht-RichterInnen als Ge- richtsvorsitzende orientiert sich am Vorbild des Bundesverfassungsgerichts. Weil Sie,
Seite 1 von 3 Herr Kollege Breyer, in einer Pressemitteilung zu unserem Gesetzesentwurf eine ent- sprechende Begründung vermisst haben, will ich diese gerne an dieser Stelle nachlie- fern. Gerade bei verfassungsrechtlichen Streitigkeiten kommt es weniger darauf an, dass man klassische Prozessleitungsfähigkeiten und Erfahrungen aus dem Richterberuf mit- bringt, zum Beispiel wie man eine Zeugenvernehmung durchführt oder wie man die Sit- zungsordnung auch in turbulenten Situationen aufrecht erhält.
In einem Verfassungsrechtsstreit kommt es fast ausschließlich auf tiefe Kenntnisse im materiellen Recht an. Vor allem auch im Verfassungsrecht. Solche mehr wissenschaft- lich fundierten Kenntnisse bringen ProfessorInnen in besonderer Weise mit. Es ist da- her nicht einzusehen, dass die bisherige Rechtslage in Schleswig-Holstein gerade sie von diesem Amt ausschließt.
Als bestes Beispiel für eine herausragende VerfassungsgerichtpräsidentIn, die niemals vor ihrem Amtsantritt auf einer Richterbank gesessen hat, möchte ich die am 10.09.2016 gestorbene Jutta Limbach nennen. Mit ihr verbinde ich auch persönlich prägende Erinnerungen. Während meines Jurastudiums in Berlin habe ich viele rechts- soziologische Seminare bei ihr besucht. Sie hat mich im ersten Staatsexamen mündlich geprüft. Sie war eine wunderbare, ihren StudentInnen menschlich immer zugewandte Frau mit wissenschaftlich exzellentem Ruf. Wie wenige andere hat sie später das Prä- sidentenamt am Bundesverfassungsgericht juristisch, aber auch menschlich geprägt.
Auch Professor Winfried Hassemer, langjähriger Vizepräsident des Bundesverfas- sungsgerichts, hat als Strafrechtsprofessor vor seiner Richtertätigkeit als Vorsitzender des zweiten Senats niemals die Richterbank gedrückt.
Auch Professor Ernst Benda, langjähriger Bundesverfassungsgerichtspräsident, war nie als Richter tätig. Unter seinem Vorsitz wurde zum Beispiel das Volkszählungsgesetz 1983 aufgehoben. Benda kreierte juristisch das Grundrecht auf informationelle Selbst- bestimmung.
Liebe Piratenfraktion, vielleicht sollten Sie sich vor diesem Hintergrund noch einmal gut überlegen, ob sie diese Regelung nicht doch unterstützen möchten.
Dass ProfessorInnen dieses Amt hervorragend ausfüllen und bereichern können, das halte ich nach den vorangegangenen Beispielen für erwiesen. Wegen der grundlegen- den Kritik der politischen Einflussnahme bei der Amtsbesetzung bin ich überzeugt: Un- ser Gesetz bringt hier eine klare Verbesserung.
Ich freue mich schon auf die weiteren Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss.



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