Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
23.09.16
14:21 Uhr
CDU

Tobias Koch zu TOP 39: Das neue Gastschulabkommen ist ein weiterer ungedeckter Wechsel auf die Zukunft

Finanzpolitik
Nr. 433/16 vom 23. September 2016
Tobias Koch zu TOP 39: Das neue Gastschulabkommen ist ein weiterer ungedeckter Wechsel auf die Zukunft
Es gilt das gesprochene Wort Sperrfrist Redebeginn
Eine freie Schulwahl über die Hamburger Landesgrenze hinweg, das hatten SPD und Grüne im Landtagswahlkampf dem Hamburger Umland versprochen und so fand es sich auch im rot-grün-blauen Koalitionsvertrag wieder. Danach passierte jahrelang erst einmal Nichts. Am Ende war sich die Koalition selbst nicht mehr ganz sicher, ob man tatsächlich eine freie Schulwahl oder vielleicht doch nur eine gemeinsame Bildungsplanung mit Hamburg versprochen hatte. Dann aber kurz vor der Sommerpause der vermeindliche Durchbruch:
Eine freie Schulwahl zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein für alle weiterführenden allgemeinbildenden Schulen in den Jahrgangsstufen fünf und elf. Was für eine phantastische Nachricht für die Kreise in der Metropolregion: Tausende von Schülern, denen bislang ein Schulbesuch in Hamburg verwehrt war, kann zukünftig ihr Wunsch erfüllt werden. All diejenigen, die mit einer getürkten Meldeadresse bei Freunden oder Verwandten in Hamburg untergekommen waren, nur um dort die Schule zu besuchen, können sich wieder zu Hause bei ihren Eltern anmelden und trotzdem in Hamburg zur Schule gehen. Und all die Ehepaare, die sich extra getrennt hatten, damit ein Elternteil mit dem Sprößling nach Hamburg ziehen konnte, können jetzt wieder eine Familie sein. Und für all das muss Schleswig-Holstein keinen
Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon: 0431 988-1440 Telefax: 0431-988-1443 E-Mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de


Seite 1/3 einzigen Cent dazu bezahlen, denn die Ausgleichszahlung an Hamburg bleibt auf dem jetzigen Niveau einschließlich der jährlichen Dynamisierung. Somit auch ein geradezu sensationelles Ergebnis für den Landeshaushalt, wenn man an die früheren Hamburger Millionenforderungen zurückdenkt.
Ja, all das wäre ganz prima, wenn da nicht zwei gravierende Einschränkungen wären: Die freie Schulwahl gilt gemäß Artikel 1 des neuen Gastschulabkommens nur im Rahmen der freien Kapazitäten in Hamburg. Ein Rechtsanspruch auf einen Schulbesuch in Hamburg wird dagegen mit dem neuen Gastschulabkommen nicht begründet.
Mit anderen Worten: Wenn in einer Hamburger Schulklasse noch ein oder zwei Plätze frei sind, bevor der Klassenteiler erreicht wird, dann und nur dann können diese Plätze an Schleswig-Holsteiner vergeben werden, die sich dann in einer vollbesetzten Klasse mit maximaler Größe wiederfinden. Von einer echten freien Schulwahl kann also in der Praxis gar keine Rede sein, sondern eher von einer Restplatzbörse, bei der man bei der Verteilung der wenigen freien Plätze einen abbekommt oder nicht. Ganz besonders bitter ist diese neue Regelung im Übrigen für die Gemeinde Barsbüttel, Herr Kollege Habersaat.
Wegen der besonderen örtlichen Gegebenheiten konnten nach dem alten Gastschulabkommen alle Schülerinnen und Schüler aus Barsbüttel ein Hamburger Gymnasium besuchen. Mit dem neuen Gastschulabkommen sind auch die Barsbüttler jetzt davon abhängig, ob in Hamburg Kapazitäten frei sind oder nicht. Sollten bereits alle Plätze mit Hamburger Schülern besetzt kein, kann im schlimmsten Fall zukünftig kein einziger Schüler aus Barsbüttel mehr das nächstgelegene Gymnasium in Hamburg besuchen. Das neue Gastschulabkommen geht damit ganz klar zu Lasten der Gemeinde Barsbüttel!
Sollten diese Befürchtungen nicht eintreten, weil ausreichend freie Kapazitäten in Hamburg zur Verfügung stehen, dann greift die zweite gravierende Einschränkung im neuen Gastschulabkommen. In Artikel 7 haben beide Bundesländer vereinbart, nach Ablauf von zwei Jahren die Entwicklung der Schülerzahlen zu analysieren und die daraus resultierenden Anpassungsbedarfe zu bewerten. Sollte also die Schülerzahl von 5.000 z.B. auf 8.000 gestiegen sein, wird Hamburg die Rechnung aufmachen, dass dafür Kosten von 40 Mio. Euro pro Jahr anfallen, die weit oberhalb der vereinbarten Ausgleichzahlung von 13,6 Mio. Euro liegen.
Dann wird es für Schleswig-Holstein also teuer, denn welche Landesregierung wird den Schülerinnen und Schülern erklären wollen, dass sie ihren Schulbesuch in Hamburg abbrechen und wieder zurück nach

Seite 2/3 Schleswig-Holstein müssen, weil sich unser Bundesland diese Kosten nicht leisten kann. Hamburg sitzt bei den Verhandlungen in zwei Jahren also deutlich am längeren Hebel. An dieser Stelle merkt man, dass die Landesregierung mal wieder einen ungedeckten Wechsel auf die Zukunft ausgestellt hat: Die großen Ankündigungen werden jetzt rechtzeitig vor der Landtagswahl gemacht und der Kater kommt danach.
Entweder in Form von bitterer Enttäuschung, wenn die freien Kapazitäten in Hamburg viel zu gering sind oder in Form einer gepfefferten Rechnung aus Hamburg. So darf man die Menschen nicht hinters Licht führen, indem man eine vermeindliche Lösung präsentiert, diese vor der Wahl großartig bejubelt, die Lösung aber erst nach der Wahl zum Schuljahr 2017/18 in Kraft tritt und es dann der nächsten Regierung überlassen bleibt, den Ärger über begrenzte Kapazitäten auszubaden oder das Scheckbuch zu zücken. Ein ehrliches Verhandlungsergebnis ist es jedenfalls nicht, was sie mit diesem neuen Gastschulabkommen erzielt haben!



Seite 3/3