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14.10.16
12:46 Uhr
SPD

Kai Vogel zu TOP 47: Förderung in der Schule statt privater Nachhilfe

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 14. Oktober 2016


TOP 47: Lernmittelfreiheit in Schleswig-Holstein (Drs. 18/4685)



Kai Vogel:
Förderung in der Schule statt privater Nachhilfe


Unser Patenkind Merle ist nach den Sommerferien auf die weiterführende Schule gewechselt. Ein neuer Ranzen – den gab es von uns –, ein Duden, neue Sportschuhe, ein Atlas, eine Kennenlernfahrt und, und, und: Da kommt so einiges zusammen. Manche Eltern gehen dann beim Monatsbudget schon ganz schön in die Knie.
Kinder kosten Geld, das wissen alle Eltern sehr genau, doch wenn Kinder zu einer finanziellen Belastung werden, dann läuft etwas schief. Nicht klar verständlich ist in diesem Zusammenhang der Begriff der Lernmittelfreiheit, der im Schulgesetz fest geschrieben ist. Dieser suggeriert den Eindruck, dass Schule nichts mehr zusätzlich für die Eltern kosten würde – die Lernmittelfreiheit bezieht sich aber nur auf die Gegenstände, die nur in der Schule genutzt werden und stetig in der Schule verbleiben. Die Befreiung von den Kosten gilt ebenso für Schulbücher. 2



Die Grauzone, was nun mehr für den Privatgebrauch oder für den Schulgebrauch angeschafft wurde, ist relativ groß, daher haben viele Eltern den berechtigten Einwand, dass der Schulbesuch doch sehr am Geldbeutel nagt.
Die Landesregierung hat entsprechend dem Auftrag des Landtags das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik mit einer Untersuchung der schulischen Bildungskosten beauftragt und uns das Ergebnis jetzt vorgelegt.
Befragt wurden drei Zielgruppen: Eltern, Lehrkräfte und Schulträger. Ziemlich exakt die Hälfte der angeschriebenen Eltern hat sich die Mühe gemacht, den Fragebogen auszufüllen. Die wesentliche Botschaft, die von dieser Studie ausgeht, ist, dass pro Kind und Schuljahr auf die Eltern im Schnitt rund 1.000 Euro zukommen. Um diese auf den ersten Blick recht hohe Zahl einordnen zu können, muss man berücksichtigen, dass hier die Kosten für die Schülerbeförderung, das Schulessen und die Nachmittagsbetreuung schon eingerechnet sind. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich eine durchschnittliche monatliche Belastung von gut 80 Euro – für den einen ist das viel, für den anderen nicht.
Für viele Familien ist die Bündelung der anfallenden Kosten zu Beginn des Schuljahres und erst Recht zu Beginn des Schulbesuchs eines Kindes eine erhebliche Belastung; das gilt natürlich umso mehr, wenn eine Familie mehrere schulpflichtige Kinder hat.
Es lässt sich natürlich nicht vermeiden, dass viele Dinge neu angeschafft werden müssen, wenn das neue Schuljahr beginnt und das Familienbudget durch die zurückliegenden Sommerferien ohnehin ausgelaugt ist.
Ist es in diesem Zusammenhang eigentlich zuzumuten, dass z.B. ein Tuschkasten eines bestimmten Herstellers von einer Lehrkraft erbeten wird? Wenn nur mit diesem aus den bestehenden Grundfarben deckende andere Farben erzeugt werden können schon, wenn dies aber gar nicht für das Schuljahr erforderlich ist, nicht. Eine Schule erhebt Kopierpauschalen, obwohl der Schulträger die Schule gut ausstattet, eine andere vor Ort aber nicht. Ist das nun pädagogisch sinnvoll oder ungerecht? Wie viel darf eine Klassenfahrt kosten, so dass kein Elternteil finanziell überbeansprucht wird, wie viel muss eine Klassenfahrt aber auch kosten dürfen, damit sie einen pädagogischen Zweck erfüllt? Viele Fragen und noch mehr Antworten. 3



In keinem Bereich ist die Spreizung der tatsächlichen Ausgaben so hoch wie bei der Nachhilfe. Das ist der Faktor, der mich am meisten beunruhigt, weil die Bildungsgerechtigkeit natürlich auf der Strecke bleibt, wenn die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Eltern darüber entscheiden, in welchem Umfang und in welcher Qualität zusätzliche Förderung privat angekauft werden kann.
Für mich ergibt sich daraus die Forderung, dass zusätzliche Förderung nicht im privaten Rahmen, sondern in dem der Schule stattfinden sollte. Wir haben uns deshalb vorgenommen, in der 19. Legislaturperiode zunächst weiterhin an der Verbesserung der Unterrichtsversorgung zu arbeiten, darüber hinaus aber auch auf dem Weg zur Ganztagsschule einen entscheidenden Schritt voranzukommen.
Wir sollten den Bericht der Landesregierung im Bildungsausschuss und ich denke, auch im Sozialausschuss, weiter diskutieren. Hier gibt es viele Möglichkeiten, dieses Thema noch deutlich zu vertiefen. Gespräche mit Experten oder vielleicht ein runder Tisch zu diesem Thema würde der Wichtigkeit gerecht werden.