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15.12.16
12:27 Uhr
SSW

Lars Harms: Wir haben eine starke, zukunftsgerichtete digitale Strategie

Presseinformation Kiel, den 15.12.2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 2 + 21 a) Regierungserklärung “Digitalisierungsstrategie des Landes Schleswig-Holstein“ b) Rechtssicherheit für Anbieter freier WLAN- Internetzugänge schaffen Drs. 18/4825

„In der digitalen Agenda wurden sieben strategische Kernthemen herausgearbeitet. Von der digitalen Infrastruktur über Medienkompetenz und Teilhabe bis Governance, werden in den jeweiligen strategischen Kernthemen, die Schwerpunkte und politischen Initiativen beschrieben.“

Die Digitalisierung der Gesellschaft schreitet immer weiter voran. Man kann es uneingeschränkt
begrüßen oder kritisch sehen – aufzuhalten ist der digitale Wandel nicht. In allen
gesellschaftlichen Bereichen – ob im Alltag, im Arbeitsleben oder in der Kommunikation – überall
hält er unaufhaltsam seinen Einzug. Daher ist es gut und richtig, dass die Landesregierung sich
diesem Thema angenommen hat. Ressortübergreifend und gemeinsam mit Experten wurden
Ideen und Maßnahmen erarbeitet, die sich in der digitalen Agenda wiederfinden. Wohlwissend,
dass dies keine Bibel ist – denn der Prozess ist nicht abgeschlossen – ist es ein 2
zukunftsgerichtetes Strategiepaier für unser Land und auch für uns als Politik. Es ist wichtig, für
Schleswig-Holstein zu benennen, wie wir den digitalen Wandel begleiten und gestalten wollen.
In der digitalen Agenda wurden sieben strategische Kernthemen herausgearbeitet. Von der
digitalen Infrastruktur über Medienkompetenz und Teilhabe bis Governance, werden in den
jeweiligen strategischen Kernthemen, die Schwerpunkte und politischen Initiativen beschrieben.



Richtig ist, Schleswig-Holstein steht hier nicht allein. Alle politischen Ebenen sind in der
Verantwortung. Vom Bund über die Länder bis zu den Kommunen sind alle Beteiligten gefordert,
die Herausforderungen des digitalen Wandels anzunehmen. Das fängt damit an, dass wir die
Infrastruktur benötigen. Denn egal wo wir uns befinden, die Grundvoraussetzung für die digitale
Gesellschaft ist eine leistungsfähige und gut ausgebaute Infrastruktur. Die Versorgung des
Landes bildet das Rückgrat und die Grundlage der digitalen Agenda. Daher besteht ein großes
und drängendes Bedürfnis, die digitale Infrastruktur mit leistungsfähigem Breitband – Sprich
Glasfaser – weiter auszubauen. Die Breitbandversorgung ist ein entscheidender Standortfaktor
für die Zukunftsfähigkeit der Gemeinden. Ein leistungsfähiges Internet ist nicht nur wichtig für
ansässige Unternehmen, zunehmend ist es auch für Bürgerinnen und Bürger immer mehr von
Bedeutung. Dort wo noch keine Glasfaserinfrastruktur verfügbar ist, müssen leistungsfähige
Mobilfunkverbindungen den Zugang sichern. Dies darf aber nur eine Übergangslösung sein.
Daher ist ausdrücklich zu begrüßen, dass das Land die Breitbandstrategie auf den Weg gebracht
hat und weiter systematisch umsetzt. Das Ziel muss bleiben, bis 2030 eine flächendeckende
Glasfaserinfrastruktur zu schaffen und davon weichen wir nicht ab.
Um dies zum Erfolg zu bringen steht die Landesregierung als wichtiger Partner und Ratgeber an
der Seite der Gemeinden. Dabei hat sich insbesondere das Kompetenzzentrum bewährt, das als
Beratungs- und Koordinierungsstelle zur Verfügung steht. Ausschlaggebend für den Erfolg der
Breitbandstrategie ist jedoch die flächendeckende Nachfrage nach Glasfaser. Gerade im
ländlichen Raum spielt der Kosten-Nutzen-Faktor eine erhebliche Rolle. Die Tiefbaukosten sind 3
mit 70-80% der wesentliche Faktor für den Erfolg. Soll heißen: Viele Kilometer Leitung für
verhältnismäßig wenig Kunden. Daher ist man gerade dort auf gute Konzepte und Strategien
angewiesen – was in der Agenda als Stimulierung der Breitbandnachfrage beschrieben wird.
Das jüngst verabschiedete Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler
Hochgeschwindigkeitsnetze wird dazu beitragen, die Ausbaukosten zu reduzieren. Das wird dem
Ganzen einen weiteren Schub geben.



Die Stimulierung der Breitbandnachfrage, um damit den flächendeckenden Ausbau mit
Glasfaser zu schaffen, muss gelingen, damit alle Bevölkerungsteile den Anschluss an die neuen
Medien haben. Wer dies irgendwann nicht hat, wird sich in der digitalen Lebens- und Arbeitswelt
nicht mehr zurechtfinden und sich schon bald ausgegrenzt sehen. Es geht dabei nicht nur um
online einkaufen oder sich online informieren. Es geht um Teilhabe. So wie Rechnen, Lesen und
Schreiben zu den Grundfertigkeiten zählen, wird dies auch auf den Umgang mit digitalen
Medien zutreffen. In vielen Berufen ist dies bereits heute ein Einstellungskriterium.
Wer also nicht zu den Verlierern von morgen gehören will, darf sich dem digitalen Wandel nicht
verschließen. Mit einer solchen Aufforderung geht aber auch Verantwortung einher.
Verantwortung in dem Sinne, dass Bürgerinnen und Bürger dann auch befähigt sein müssen, mit
den modernen Medien umzugehen. Stichwort: Medienkompetenz, Medienbildung.
Wir wollen eine moderne und digitale Gesellschaft, die auch wirklich ihren Nutzen aus den sich
ihr bietenden Möglichkeiten zieht. Das stellt uns vor neue Bildungsanforderungen. Die
Menschen müssen lernen, verantwortungsbewusst und reflektiert mit digitalen Medium
umzugehen. Darum müssen wir bereits heute eine Antwort auf die Frage haben, wie wir den
Umgang mit digitalen Medien und das digitale Lernen insgesamt weiterentwickeln und
gestalten wollen.
Das gilt nicht nur für unsere Kinder und die Lehrkräfte in den Schulen, sondern letztendlich für
jeden von uns. Deshalb müssen wir uns gemeinsam und vor allem langfristig mit dieser 4
Thematik befassen. Daher müssen sich unsere Schulen auf diese veränderte Lebenswirklichkeit
vorbereiten. Sie müssen die Chancen, die in diesen Veränderungen liegen, noch aktiver für sich
nutzen. Unsere Aufgabe ist es, hier zu unterstützen und für die bestmöglichen
Rahmenbedingungen zu sorgen. Und das tun wir.
Damit wir unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben können, sich zu
kompetenten Mediennutzern auszubilden, brauchen wir gut durchdachte Konzepte, die diese
Kompetenzen vermitteln und festigen. Dabei kommt natürlich auf unsere Schulen und unsere
Lehrkräfte eine wichtige Rolle zu. Dieser Verantwortung werden sie in den allermeisten Fällen
bereits heute gerecht. Wir alle wissen, dass zum Beispiel digitale Techniken längst in
verschiedener Weise genutzt werden. So bieten sich bereits heute die Möglichkeiten, wenn es
um den Fachunterricht auf Halligen oder den Unterricht von Schülerinnen und Schülern im
Krankenhaus geht.
Das Lernen in der digitalen Gesellschaft ist längst ein Schwerpunktthema des
Bildungsministeriums ist. Hier dürfen wir auch nicht nachlassen. Und es ist absolut notwendig,
hier vielfältige Ansätze und Projekte – und vor allem auch den Austausch darüber – weiter zu
fördern. Mit unserem Gesetz zur Lehrerbildung geben wir unseren zukünftigen Lehrkräften auch
das Rüstzeug an die Hand, um Medienkompetenz effektiv zu vermitteln. Damit helfen wir
gleichzeitig den Schulen, wenn es um Fragen rund um die IT- und Medienausstattung geht. Ich
denke, damit haben wir bereits einen wichtigen Schritt in dieser Sache getan und dem Thema
den Stellenwert gegeben, der ihm zusteht.
Aber wir können und müssen noch besser werden. Dabei geht es nicht nur um die IT-Ausstattung
an den Schulen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Schulen mit einer ausreichenden,
zukunftssicheren Bandbreite an das Internet angebunden werden. Mit der Schaffung eines
öffentlichen Glasfasernetzes werden wir das Ziel, „Schulen an Netz“, weiter voranbringen. 5
Das Gelingen des landesweiten Netzausbaus steht für den Erfolg des digitalen Wandels in allen
Bereichen. Bereits heute ist es aus wirtschaftlicher Sicht ein maßgeblicher Standortfaktor. Der
globale Handel oder die Vernetzung von Unternehmen untereinander nehmen immer mehr zu.
Neue miteinander vernetzte Produktionssysteme und –anlagen mit digitalen und datenbasierten
Strukturen schaffen ganz neue Möglichkeiten in der Produktion. Die Abläufe in den Firmen
werden sich komplett ändern. Dies betrifft dann nicht nur die Produktionsstrecken der großen
Firmen, sondern auch die kleineren Zuliefererbetriebe. Die Vernetzung der Betriebe miteinander
ermöglicht, dass in Echtzeit auf Produktionsänderungen reagiert werden kann – und dabei spielt
die Entfernung keine Rolle.
Der Begriff „Industrie 4.0“ dominiert derzeit alle industriepolitischen Foren, Messen und
Kongresse. Diese Dominanz verdeutlicht den Entwicklungsschritt vor dem die Wirtschaft steht.
Es wirft aber auch Fragen auf – die zu beantworten sind – und stellt uns vor neue Aufgaben.
Dabei geht es um Konzepte und Strategien, damit die Wirtschaft bei uns im Land die künftigen
Herausforderungen bestehen kann. Hier steht die Landesregierung im engen Kontakt mit
Wirtschafts- und Wissenschaftseinrichtungen. Wir werden die Förderinstrumente den neuen
Anforderungen entsprechend anpassen.
Die mit dem Wandel verbundenen Ansprüche stellen aber auch ganz neue Anforderungen an die
Mitarbeiter der Unternehmen. Die damit einhergehenden Ansprüche und Belastungen sind nicht
zu unterschätzen. Es darf deshalb nicht sein, dass die Mitarbeiter von der Technik überrollt
werden. Die Unternehmen haben hier eine Verantwortung ihren Mitarbeitern gegenüber. Sie
müssen sie auf dem neuen Weg mitnehmen und entsprechend qualifizieren. Aber auch die
Landesregierung hat diesen Punkt zu fassen und in der Agenda klar benannt. Soll heißen, das
Land wird diesen Prozess durch eine geeignete Bildungs- und Weiterbildungspolitik stetig
begleiten. Und das gut zu wissen, denn die Menschen brauchen eine Perspektive, beispielsweise
wenn Arbeitsplätze durch die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft wegfallen könnten. 6
Die Digitalisierung eröffnet ganz neue Wege in nahezu allen Bereichen. Sie bietet die
Möglichkeit einen ganz neuen Zugang im Bereich Kunst und Kultur zu schaffen. Mit den 2014
beschlossenen „Kulturperspektiven Schleswig-Holstein“ hat das Kulturministerium erstmals ein
Konzept für die Kulturpolitik des Landes ins Leben gerufen, das unter anderem die Digitalisierung
von Kulturgütern aufgreift. Die digitale Darstellung in einer virtuellen Kulturstätte ermöglicht
einen ganz neuen Erlebnisraum, unabhängig von Zeit und Ort. Damit wird ein ganz neuer
Zugang zu Kunst und Kultur geschaffen. Gerade der jungen Generation lässt sich damit bessere
kulturelle Bildung und den Wert von Kultur nahe zu bringen.
Es geht aber nicht nur darum, alte Kulturgüter digital zu archivieren. Vielmehr müssen auch die
Informationen von heute entsprechend archiviert werden. Soll heißen: Kultur von heute muss
auch morgen zugänglich sein. Das Landesarchiv wird bei der Umsetzung zu einem solchen
digitalen Museum Schleswig-Holstein die zentrale Rolle spielen.



Mit der Vernetzung komplexer digitaler Systeme oder mit dem Austausch von Daten, geht
immer auch die Frage nach der Sicherheit und des Datenschutzes einher. Ob es die Privatsphäre
ist, die der Nutzer geschützt sehen will oder ob Unternehmen ihre Betriebsgeheimnisse schützen
wollen. Sicherheit und Datenschutz müssen auch in Zukunft gewährleistet werden – auch wenn
wir wissen, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt und es sie auch künftig nicht geben
wird. Aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass wir uns heute darüber Gedanken
machen müssen, welche Möglichkeiten wir in einer digitalen Gesellschaft zulassen wollen und
wo wir Grenzen einziehen wollen. Wollen wir beispielsweise eine Identitätskennung haben, die
nahezu alles, über einen Preis gibt – von Gesundheitsdaten bis zu Steuerdaten? Und wie können
wir hier trotzdem den Datenschutz und die Datensicherheit gewährleisten? Immer wieder
werden solche Diskussionen bereits heute geführt und andere Länder machen es vor. Der
Datenschutz hat in Deutschland einen sehr hohen Stellenwert und das ist gut so. 7
Abschließend möchte ich kurz auf den Antrag der Piraten eingehen. Der SSW unterstützt
ausdrücklich alle Initiativen, die einen kostenfreien Zugang zum Internet ermöglichen. Aus Sicht
des SSW ist ein kostenfreier Zugang als ein weiteres Mittel zu sehen, hin zu einer
Informationsgesellschaft. In Flensburg, Kiel oder auf Helgoland hat der SSW Freifunk-Router
finanziert, zur Verfügung gestellt oder die Maßnahme anderweitig unterstützt. Diese gewähren
im Verbund mit anderen einen flächendeckenden Internet-Anschluss. Jeder, der auf der Straße
vorbei geht, kann sich kostenlos einloggen und das Internet nutzen. Diese Bewegung, die freie
Ressourcen privater Anschlüsse öffentlich nutzbar macht, ist ein Beispiel für eine interessierte
und engagierte Bürgergesellschaft. Solche Initiativen sind absolut vorbildlich.
Mit den vom Bund verabschiedeten Änderungen zum Telemediengesetz werden wir zwar bald
überall über WLAN verfügen, aber eben nur für entsprechende Gebühr. Leider hat der
Bundesgesetzgeber versäumt eine klare Rechtssicherheit in Bezug auf offene Funknetze und die
Störerhaftung zu schaffen. Das ist kein Fortschritt und deshalb muss das Gesetz in Berlin
überarbeitet und die Bürgerinnen und Bürger frei von Haftung gehalten werden.
Natürlich müssen Urheberrechte auch im offenen Internet gewahrt bleiben. Doch dies ist eher
eine technische Frage, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern.
Man sieht schon, die Digitale Agenda ist eine große Nummer. Gut, dass unsere Landesregierung
hier engagiert handelt.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html