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23.02.17
11:26 Uhr
CDU

Tobias Koch: Welches Demokratieverständnis haben die Piraten?

Landesrechnungshof | 23.02.2017 | Nr. 080/17
Tobias Koch: Welches Demokratieverständnis haben die Piraten? Es gilt das gesprochene Wort
In dem vorliegenden Gesetzentwurf der Piraten geht es vordergründig um die Regularien zur Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes Schleswig-Holstein. Tatsächlich geht es dabei aber weniger um die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen als vielmehr um das Demokratieverständnis der Piraten selbst.
Aus der Gesetzesbegründung und den begleitenden Pressemitteilungen des Abgeordneten Dr. Breyer zu diesem Gesetzentwurf spricht ein abgrundtiefes Misstrauen gegenüber der Parteiendemokratie auf Basis unserer Grundgesetzes.
Da ist von "herrschender Politik" die Rede, von "etablierten Parteien" von "Postenschieberei" und "Parteinproporz" sowie von Parteien, die die zu vergebenen Ämter als "Beute" unter sich aufteilen würden.
Meine Damen und Herren, wer eine derartige Verachtung gegenüber den Parteien als festen Bestandteil unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung empfindet, der muss sich umgekehrt fragen lassen, ob er selbst noch auf dem Boden unserer Verfassung steht.
Ich komme darauf am Ende meiner Rede zurück. Deklinieren wir doch aber zunächst einmal den Vorschlag der Piraten gedanklich durch:
Zunächst gäbe es eine öffentliche Ausschreibung, auf die sich Bewerber für den vakanten Posten melden können. Anschließend sollen "alle oder ausgewählte Bewerberinnen und Bewerbe in öffentlicher Sitzung" angehört werden. Schon an dieser Stelle führt sich der Gesetzentwurf der Piraten selbst ad absurdum, denn eine Vorauswahl von Bewerbern für eine öffentliche Anhörung ist nicht ohne Einflussnahme eben dieser "herrschenden Politik" möglich, denn wer sonst sollte diese Auswahl vornehmen, als die Vertreter der Parteien bzw. Fraktionen des Landtages.
Noch deutlicher wird es, wenn man einen Schritt weitergeht, denn der Ausschuss soll ja nach Ansicht der Piraten im Anschluss an die öffentliche Anhörung einen Vorschlag unterbreiten.



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Verantwortlich: Dirk Hundertmark, Mareike Watolla | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Egal ob sein solcher Vorschlag im Ausschuss nun mit Einfacher oder mit Zwei-Drittel- Mehrheit getroffen werden müsste - das lässt der Gesetzentwurf der Piraten ja offen - immer wäre dafür die Einigung zwischen verschiedenen Parteien bzw. Fraktionen erforderlich.
Diese sind aber möglicherweise zu ganz unterschiedlichen Einschätzungen bezüglich der Eignung, Befähigung und der fachlichen Leistung der verschiedenen Kandidaten gelangt. Es dürfte deshalb genau das passieren, was die Piraten doch eigentlich mit ihrer Gesetzesinitiative unbedingt vermeiden wollen:
Die Parteien würden in Gespräche eintreten und Verhandlungen beginnen, um zu einer mehrheitlichen Ausschuss-Empfehlung zu gelangen. Möglicherweise würden sich die Parteien dabei auf einen Kompromisskandidaten verständigen oder aber es würde ein Personalpaket geschnürt werden, welches neben dem Landesrechnungshof weitere zu besetzende Ämter umfasst.
An dieser Stelle könnte dann der Abgeordnete Dr. Breyer wieder mit ganzer Inbrunst gegen Postenschieberei und Parteienproporz wettern. Es zeigt sich also: Der Gesetzentwurf ist im harmlosesten Fall einfach untauglich, um die von den Piraten gesetzten Ziele zu erreichen.
In der Gesetzesbegründung behaupten die Piraten aber dennoch, dass durch dieses Verfahren jeder Anschein einer parteipolitischen Einflussnahme ausgeschlossen sei.
Das würde allerdings nur dann zutreffen, wenn der Ausschuss bei seiner Empfehlung über keinerlei Ermessenspielraum verfügen würde, sondern dazu verpflichtet wäre, den nach sachlich nachvollziehbaren Bewertungskriterien wie Abschlussnoten und Leistungsbe-urteilungen am besten qualifizierten Bewerber vorzuschlagen. Konsequenterweise müsste dieser dann auch vom Landtag gewählt werden.
Dann wären es aber nicht mehr die demokratisch gewählten Volksvertreter, die diesen Vorschlag und die Wahl zu vertreten hätten. Es wären vielmehr die früheren Vorgesetzten und Uniprofessoren des Bewerbers, die mit ihren Noten und Beurteilungen alleine über seine Eignung entscheiden würden.
Und damit sind wir dann wieder am Anfang meiner Rede, nämlich dem Demokratieverständnis der Piraten selbst:
Wollen wir die Besetzung der höchsten Ämter in unserem Staate, deren Rechte durch die Verfassung besonders geschützt sind, ausschließlich Technokraten überlassen oder wollen wir, dass diese Entscheidungen weiterhin in den Händen von demokratisch gewählten Volksvertretern liegen?
Wer hier wie die Piraten eine Vorgehensweise postuliert, bei der die Abgeordneten des Landtages nur noch abzusegnen haben, was durch externe Determinanten vorbestimmt ist, der stellt die demokratische Legitimation der zu wählenden Ämter in Frage.



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