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24.02.17
16:36 Uhr
SPD

Bernd Heinemann zu TOP 67: Eine gute und gerechte psychiatrische Versorgung ist eine Frage der Würde - Rede zu Protokoll!

Rede zu Protokoll gegeben!



Kiel, 24. Februar 2017


TOP 67 Psychiatriebericht 2016 (Drs-Nr. 18/4921)



Bernd Heinemann:
Eine gute und gerechte psychiatrische Versorgung ist eine Frage der Würde


Zunächst einmal einen herzlichen Dank an die Arbeitsgruppe Psychiatriebericht und das Team des Sozialministeriums für die großartige Gemeinschaftsleistung, die zu diesem ausführlichen Bericht geführt hat. Psychische Erkrankungen sind eine große Belastung und oft unerträglich für die Betroffenen und ihre Angehörigen gleichermaßen. Hier zerbrechen soziale Beziehungen und Familien, gehen Arbeitsplätze verloren und besonders Kinder leiden oft erheblich an der psychischen Belastung. Die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen hat zwar abgenommen, aber die Auswirkungen nehmen zu.
Heute haben wir nach dem DAK-Krankenreport den höchsten psychisch bedingten Krankenstand seit 17 Jahren. Die Anzahl von Fehltagen am Arbeitsplatz, die auf Diagnosen wie Depression zurückzuführen sind, haben sich verdreifacht. Frauen werden fast doppelt so oft aufgrund psychischer Erkrankungen krankgeschrieben wie Männer. Im Ranking der häufigsten Leiden stehen psychische Erkrankungen mittlerweile auf Platz zwei - nach Rückenschmerzen.
Die Leiden an psychischen Krankheiten sind zudem die häufigsten Gründe für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Nach Untersuchungen der Techniker Krankenkasse sind vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in öffentlichen Verwaltungen und medizinischen Berufen sowie Studierende betroffen. Letztere weisen einen Anstieg des Anteils der Antidepressiva-Verordnungen in 7 Jahren allein von 50% aus. Männer sind bei der Hilfesuche dabei eher zurückhaltend. Chronischer Stress wird heute in der Auswirkung häufiger mit Anpassungsstörungen und Depression diagnostiziert. 2



Moderne telemedizinische Versorgungsformen befürworten dafür neuerdings z.B. das Angebot eines sogenannten Depressionscoach. Netzwerke psychischer Gesundheit sind weitere aktuelle Angebote einiger Kassen. Psychische Belastungserkrankungen sind unter der Häufigkeit von Krankentagen in Schleswig-Holstein laut BKK-Studie besonders in Neumünster und Lübeck auffällig. Der Psychiatriebericht zeigt auf, dass wir in Schleswig-Holstein eine Vielzahl an Hilfsangeboten haben. Vor allem der Ausbau der tagesklinischen Angebote in den letzten Jahren war wichtig und wir werden mit Hilfe unseres Impulsprogramms diese Angebote weiter ausbauen. Wir machen das, meine Damen und Herren. Wir haben als Küstenkoalition zudem die Kürzungen auch bei den offenen Angeboten zurückgenommen. Gleichwohl ist noch viel zu tun. Die erwähnte Kommunalisierung enthebt uns nicht von Aufsicht, Verantwortung und geeigneter Koordinierung, denn wir sind, unser Parlament ist am Zug, wenn es um die Sicherstellung gleicher Lebensverhältnisse überall im Land geht. Der Bericht sagt klar, dass wir eine verlässliche Datenbasis und eine angemessene Institution der Begleitung und Koordinierung brauchen. Zudem werden 15 Handlungsfelder aufgezeigt, in denen wir in der Verantwortung bleiben. Auch der Demenzplan zeigt, dass die Gerontopsychiatrie in Zeiten des demografischen Wandels immer bedeutender wird. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass die Zahl der Unterbringungsverfahren nach dem PsychKG in Schleswig-Holstein einen Spitzenwert hat. Hier werden wir mit den regionalen Arbeitskreisen „Gemeindenahe Psychiatrie“ untersuchen, wie wir das wirksam ändern. Eine wichtige Aufgabe ist nach wie vor auch die Anerkennung und Wür- digung von Leid und Unrecht, die besonders Kindern und Jugendlichen in Behinderten- und Psychiatrieeinrichtungen bis 1975 wiederfahren ist.
Nur wer die Vergangenheit verarbeitet hat kann der Zukunft die richtigen Impulse geben. Dies ist mit der Einrichtung der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ auf einem guten Weg. Abschließend halte ich fest, dass wir durch diesen gehaltvollen Bericht in der kommenden Legislaturperiode in die Lage versetzt werden, die Psychiatrieplanung durch geeignete Leitlinien und die Verbesserung der lan-desweiten Koordination weiter zu entwickeln. In unserem neuen Koalitionsvertrag wird das eine wichtige Rolle spielen. Eine gute und gerechte psychiatrische Versorgung ist eine Frage der Würde und der werden wir uns gerade in der Psychiatrie weiter zuwenden. Ein guter Aufschlag ist gemacht, jetzt werden wir uns mit den neuen und geeigneten Konsequenzen befassen.