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24.03.17
15:37 Uhr
SPD

Jürgen Weber zu TOP 71: Die politische Bildung steht personell und sachlich gestärkt da!

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 24. März 2017



TOP 71 Zum Bericht des Landesbeauftragten für politische Bildung (Drs-Nr. 18/5191)



Jürgen Weber:
Die Politische Bildung steht personell und sachlich gestärkt da!

Der Bericht ist mehr Konzept und Programm für die Zukunft als Nacherzählung der Tätigkeit der Landeszentrale. Das kann nach der Neuaufstellung des Institutes des Landesbeauftragten auch nicht anders sein. Nach einigen Irrungen und Wirrungen steht die Politische Bildung personell und sachlich gestärkt da. Dass wir an diesen Punkt gekommen sind, dafür möchte ich mich in erster Linie bei meinen Kolleginnen und Kollegen des Kuratorium beim Landesbeauftragten bedanken, namentlich den Abgeordneten Ines Strehlau, Jette Waldinger-Thiering, Volker Dornquast, Sven Krumbeck und Ekkehard Klug sowie den nicht-parlamentarischen Expertinnen und Experten.
Vieles ließe sich über neue Methoden, die digitale Agenda, die Fokussierung auf Zielgruppen u.ä. mehr sagen. Die politische Bildung des Landes ist dort auf einem guten Weg. Nicht zuletzt die Aktivitäten im Vorfeld der Landtagswahl zeigen das:
das Projekt jung&wählerisch mit ca. 100 Veranstaltungen
das online-tool Wahl-o-mat 2



und das Projekt Juniorwahl, das flächendeckend an allen weiterführenden Schulen durchgeführt wird.
Der Bericht enthält Handlungsempfehlungen des Landesbeauftragten, die unbedingt in der kommenden Legislaturperiode Beachtung finden sollten: Das gilt für die Qualifizierung und Ausweitung der politischen Bildung an unseren Schulen, das gilt für die Evaluation der Potenziale der Kinder- und Jugendbeteiligung in den Kommunen und das gilt – mir besonders wichtig – für eine dauerhafte und finanziell gestärkte Gedenkstättenarbeit. Heute möchte ich es aufgrund der Kürze der Zeit mit drei Anmerkungen grundsätzlicher Art bewenden lassen.
1. Parteiendemokratie
Die Zukunft der Parteiendemokratie ist ein wichtiger Punkt auf der Agenda der Landeszentrale zusammen mit anderen Bildungsträgern. Die Rolle und Bedeutung der Parteien für unsere Demokratie sollte uns hier in diesem Haus von besonderer Bedeutung sein. Dabei sind es die Parteien selbst, die beeinflussen, was die politische Bildung an Vermittlungsarbeit überhaupt leisten kann. Auch in unserem Alltagsgeschäft im Parlament sollten wir uns immer wieder bewusst werden und es auch deutlich werden lassen, dass Parteien eben nicht in erster Linie beliebige Vereinigungen zur Erlangung von politischem Einfluss sind. Gleich ob wir unsere Wurzeln in der christlichen Soziallehre, dem demokratischen Teil des deutschen Konservatismus, den verschiedenen Strömungen des Liberalismus, der dem aus der Arbeiterbewegung erwachsenen demokratischen Sozialismus oder den neuen sozialen und ökologischen Bewegungen der letzten Jahrzehnte haben: Wir sollten unsere Verpflichtung auch hier im Landtag erkennen, die ganze Vielfalt und den ideengeschichtlichen Reichtum unserer Demokratie gegenseitig zu respektieren und den Wettbewerb der Ideen und Konzepte selbstbewusst auszutragen.
2. Das „Gespenst“ des „Rechtspopulismus“
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus. Meist: das Gespenst des Rechtspopulismus. Während die 170 Jahre alte Quelle, aus dem das eigentliche Originalzitat stammt – das Kommunistische Manifest - , mittlerweile UNESCO Welt-Dokumentenerbe ist, - man höre und staune - mühen sich die politischen Jugend- und Erwachsenbildner mit einem politischen Phänomen, dass die etablierte Politik herausfordert und das mittlerweile eine Karriere als Warnschild und Stigma zugleich angetreten hat. Im politischen Alltag und nicht minder in der Berichterstattung unserer Medien beobachten wir eine Flucht in Zuschreibungen der politischen Gegner, die zunehmend eher der Stigmatisierung und Dämonisierung als der erkennbaren Auseinandersetzung um Grundhaltungen oder gar einzelne konkrete politische Vorstellungen. 3



Die Trennlinie, die uns Demokraten von Extremisten jeglicher Couleur trennt, ist der Grundkonsens unserer Verfassung, sind die dort verankerten Grundrechte und Grundwerte. Unterschiedliche Vorschläge zu aktuellen politischen Fragen, sind Teil des demokratischen Diskurses, des Wettbewerbs vor allem der Parteien. Sie sind Teil unserer demokratischen Kultur. Das gilt auch für Fragen der Europa- oder Ausländerpolitik. Ich finde es notwendig und begrüßenswert, dass sich die Landeszentrale vertieft diesen Fragen widmen will.
3. Historisches Lernen und politische Bildung
Sehr zu begrüßen ist, dass das historische Lernen weiterhin fester Bestandteil der politischen Bildung bleibt. Dabei wird es vor allem um das Wissen über den Zivilisationsbruch, den die Verbrechen des Nationalsozialismus markieren, gehen. Aber auch hier muss die prägende Kraft demokratischer Vorbilder, die Traditionen freiheitlicher Bewegungen, das Vorbild des Kampfes für Recht und Demokratie noch stärker in den Vordergrund gerückt werden. 100 Jahre Matrosenaufstand als Jubiläum ist dafür im kommenden Jahr beispielhaft ein Kristallisationspunkt.
21 Jahre in diesem Parlament haben mir deutlich vor Augen geführt, dass unsere parlamentarische Demokratie alternativlos zukunftsfähig ist, wenn das vielzitierte Credo „Politik heißt etwas wollen“ stärker bleibt als der Opportunismus der Anpassung-
Schließen möchte ich mit einem Olof Palme Zitat:
„Ich werde die Behauptung, die Probleme der modernen Gesellschaft seien für den normalen Menschen zu schwer zu durchschauen, nie gutheißen. Es ist eine irrige Vorstellung, es gäbe Probleme, die zu groß und zu kompliziert sind, als dass der normale Mensch zu ihnen Stellung nehmen könnte. Wird diese Vorstellung akzeptiert, hat man den ersten Schritt zur Technokratie, Expertokratie und Minoritätengewalt getan. Die Politik ist zugänglich. Sie kann von einem jeden beeinflusst werden. Das ist der eigentliche Inhalt der Demokratie – an sich auch die Grundidee des demokratischen Sozialismus“ Diese Demokratie ist unser aller Verpflichtung. Um den Demokratischen Sozialismus kümmern wir uns dann schon.
Zum Schluss möchte ich mich bei Ihnen allen bedanken, für 21 Jahre gute Zusammenarbeit sowie kollegialen Streit in der Sache.