Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
21.07.17
13:46 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zur Erfassungsstelle für Angriffe auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 21 – Fairen Wahlkampf ermöglichen – Erfassungsstelle Landeshaus für Angriffe auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit Düsternbrooker Weg 70 (EAMV) einrichten 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de Burkhard Peters: www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 220.17 / 21.07.2017

Meinungsfreiheit ist überlebensnotwendig für unsere Demokratie
Von Voltaire wird der Satz kolportiert: „Ich missbillige, was du sagst, aber ich werde bis zum Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.“
Ich persönlich würde äußerst ungern in den Tod gehen für Äußerungen von AfD- PolitikerInnen vom Schlage Höcke, Poggenburg oder Gauland.
Aber im Kern ist der Satz für unsere Demokratie überlebensnotwendig.
Und darum ist es nicht hinzunehmen, wenn missliebige, unsachliche, ja selbst menschenverachtende politische Meinungsäußerungen, Veranstaltungen und Versammlungen von politischen GegnerInnen mit gewalttätigen Störungen oder mit Sachbeschädigungen verhindert oder gestört werden. So weit sind wir uns hier im Hause wohl alle einig.
Was Sie allerdings in einer Demokratie ertragen müssen, meine Damen und Herren von der AfD, das ist der Gegenwind, der Ihnen entgegen schlägt. Und das wollen Sie nicht.
Ihre zur einzig wahren Meinung hochstilisierte Monopol- und Opferhaltung fordert in autoritärem Gehabe einen Tadel und mindestens einen Eintrag ins Klassenbuch für alle, die Ihnen die Meinung geigen.
Dass Ihre nationalistische, sexistische und xenophobe Programmatik nicht unwidersprochen bleibt, dass sie Gegendemos ertragen und dulden müssen, dass es auch jedem und jeder GastronomIn freigestellt bleibt, sie zu beherbergen und verköstigen, das ist so in einer Demokratie – auch wenn Ihnen das nicht passt.
Ihre Versuche, Gegnerinnen und Gegner einzuschüchtern und zu diskreditieren, indem Seite 1 von 2 sie beim Landeswahlleiter an den Pranger gestellt werden, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Lassen Sie uns einmal ganz konkret betrachten, welches Rechtsstaatsverständnis hinter Ihrem Antrag steht.
Soweit die von der AfD beklagten Angriffe, Störungen und Sachbeschädigungen gegenüber Personen, Räumlichkeiten, Wahlplakaten oder anderen Gegenständen strafbar sind, werden sie durch eine entsprechende Anzeige von der Polizei erfasst und in der jährlich veröffentlichten polizeilichen Kriminalstatistik dokumentiert. Da es sich um politisch motivierte Straftaten handelt, werden sie in der Polizeilichen Kriminalstatistik als solche auch gesondert von anderen Fällen erfasst.
Durch eine entsprechende parlamentarische Anfrage beim Innenministerium kann jede und jeder Abgeordnete auch noch genauere Informationen zu diesem speziellen Sachgebiet der Kriminalität erfahren und falls gewünscht dann selber veröffentlichen. Staatsanwaltschaften und Gerichte entscheiden über etwaige Strafbarkeiten der begangenen Taten. Auch Gegendemos unterliegen dem Ordnungsrecht und können von den zuständigen Ordnungsbehörden bei Überschreiten der tolerierbaren Grenzen aufgelöst oder mit Auflagen versehen werden.
Alles, was nicht die Schwelle zur Strafbarkeit überschreitet, ist im politischen Meinungsstreit von Demokratinnen und Demokraten allerdings hinzunehmen und muss daher auch nicht erfasst und dokumentiert werden.
Aber Ihr Misstrauen gegenüber Polizei und Justiz, Ihre Systemkritik geht so weit, dass Sie ein Verfahren an den rechtsstaatlichen Strukturen vorbei etablieren wollen. Die Ansiedlung beim Landeswahlleiter ist nur ganz dünne Tünche über Ihre Absicht, mit diesem Antrag bestehende staatliche Strukturen als ineffektiv und schwach zu denunzieren. Damit wollen Sie Ihrem Antrag lediglich den Anschein der Seriosität verleihen.
Dass Ihnen parlamentarisch-demokratische Prozesse tatsächlich fremd sind, merkt man daran, dass sie einen Gesetzesänderungsantrag einbringen müssen, wenn Sie die Aufgaben und Zuständigkeiten des Landeswahlleiters ändern wollen. Die sind nämlich abschließend im Landeswahlgesetz geregelt. Rechtsstaatlich sauber bedarf es in unserem Rechtstaat einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
Übrigens betreibt Ihre Partei seit März 2016 eine sogenannte „Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter“ mit sechs ehrenamtlich tätigen ehemaligen Richtern, Staatsanwälten und Anwälten, die akribisch jegliches Ungemach dokumentieren, das die AfD erleiden muss.
Das ist zynisch und anmaßend, weil mit der Zentralen Erfassungsstelle Salzgitter von 1961 bis 1992 eine Stelle bestand, die Hinweisen auf Tötungshandlungen an der innerdeutschen Grenze, Unrechtsurteilen aus politischen Gründen, Misshandlungen im Strafvollzug und Verschleppung oder politische Verfolgung in der DDR nachging. Sich nun auf die gleiche Ebene mit Opfern dieses Unrechtsstaates zu stellen, macht deutlich, in welch absurder Weise Sie sich in Ihre Opferhaltung hineinsteigern.
Wir lehnen den Antrag daher hier und heute ab.
***

2