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15.11.17
15:16 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: Steuerschlupflöcher schließen, statt nur moralische Reden halten

Presseinformation
Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Wolfgang Kubicki MdL Kubicki, Vorsitzender Anita Klahn MdL Klahn, Stellvertretender Vorsitzender Christopher Vogt MdL Vogt, Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 296/2017 Kiel, Mittwoch, 15. November 2017
Aktuelle Stunde / Steuervermei- dungsstrategien



www.fdp-fraktion-sh.de Wolfgang Kubicki: Steuerschlupflöcher schließen, statt nur moralische Reden halten In seiner Rede zu TOP 1 (Aktuelle Stunde zum Thema „Konsequenzen aus Steuer- skandalen wie den „Paradise Papers“ – Position der Koalition zum Umgang mit Steuervermeidungsstrategien und Steuerehrlichkeit) erklärt der Fraktionsvorsit- zende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki: Kubicki:
„Der Rechtsstaat verlangt nichts anderes als die Befolgung von Gesetzen. Alles an- dere wäre Willkür. Es zählt nicht der politische Wille, sondern es zählt das Gesetz. Solange sich die Menschen an das Gesetz halten, können wir ihr Verhalten gut oder schlecht finden - wenn wir es ändern wollen, müssen wir die Gesetze ändern! Deshalb ist die Behauptung, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung stünden auf einer Stufe, nicht nur sachlich falsch, sondern sie führt auch zu riesigen Prob- lemen.
Steuerhinterzieher brechen das Gesetz, Steuervermeider und Steueroptimierer hal- ten sich an das Gesetz. Herr Dr. Stegner, warum heißt ein Steuerberater „Berater“ und nicht „Buchhalter“? Weil er Sie über alle legalen Möglichkeiten berät, um mög- lichst wenig an das Finanzamt abführen zu müssen. Herr Dr. Stegner geht nicht dorthin, um zu sagen: "Geben Sie mehr von mir an das Finanzamt als ich eigentlich geben muss, weil das sozialverträglich ist!"
Auch das muss ich Ihnen sagen: Wenn ein Steuerberater seine Mandanten nicht steueroptimal berät, macht er sich schadenersatzpflichtig! Wenn eine Kapitalge- sellschaft keine Steueroptimierungsmodelle nutzt, macht sich der Vorstand eben- falls schadenersatzpflichtig oder begeht sogar Untreue, weil er das Vermögen der Aktiengesellschaft mehren oder zumindest schützen muss. Wenn wir feststellen, dass es Möglichkeiten der Steuervermeidung gibt, die wir als Gesetzgeber so nicht wollen, dann können und müssen wir das ändern. Das ist ja das Ziel, das unsere Finanzminister und auch die Europäische Kommission verfolgen.
Es gibt einen Richtlinienentwurf zur Meldung von grenzüberschreitenden Steuerge- staltungsmodellen. Das können wir in Deutschland auch einführen, darüber sind wir uns einig. Wobei dies nicht ganz unproblematisch ist: Erstens wegen der Ver- schwiegenheitspflicht der Berufe, die damit befasst sind. Zweitens, weil jede Mel- Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de dung - das sehen wir beim Geldwäschegesetz - die Behörden überfluten könnte mit der Folge, dass wir die Nadel im Heuhaufen nicht mehr finden.
Herr Dr. Stegner, wen sehen wir bei den Paradise Papers? Da sehen wir beispiels- weise die HSH Nordbank, in deren Aufsichtsrat Sie Mitglied waren! Ich habe hier schon einmal gefragt: Als 2007 die HSH Nordbank erklärt hat, dass sie auf den Cayman Islands oder den Kanalinseln unterwegs war, was dachten Sie, was die HSH Nordbank dort macht? Bananen kaufen oder mit Kokosnüssen handeln? Das Britische Pfund stützen?
Wir hören und lesen, dass Gerhard Schröder in den Papieren auftaucht, ohne zu wissen, in welchem Zusammenhang. Trotzdem wird denunziert, dort könnte etwas Kriminelles vorhanden sein. Die Unschuldsvermutung des Rechtsstaates gilt für al- le Personen und übrigens auch für Konzerne. In den Paradise Papers lesen wir die Namen deutscher Konzerne, die Rang und Namen haben. Die sind auch in Luxem- burg, in Delaware oder auf den Cayman Islands vertreten. Das wissen wir doch al- les und das hat teilweise auch seinen Grund!
Wenn wir jetzt dazu übergehen, gegen alle Länder vorzugehen, die Steueroptimie- rungsmodelle anbieten, kann ich vor einem solchen Schnellschuss nur warnen. Wenn die Chinesen sich irgendwann einmal fragen, warum VW die Wertschöpfung, die in ihrem Land stattfindet, nicht dort versteuert, sondern in Deutschland, dann könnten die Chinesen auch auf die Idee kommen zu sagen: alle Umsätze, die VW und unsere exportorientierte Wirtschaft in anderen Ländern machen, müssen dort versteuert werden und nicht hier, dann bin ich mir nicht sicher, ob das für Deutsch- land im Ergebnis besser oder schlechter wäre. Ich vermute, dass es eher schlech- ter wäre!
Ich kann Ihnen allerdings sagen: Die Cum-Ex-Geschäfte wären in dieser Größen- ordnung unmöglich gewesen, wenn Kollege Steinbrück 2008 genau das getan hät- te, was Finanzminister Schäuble 2012 gemacht hat: Nämlich zwei Sätze im Ein- kommensteuerrecht zu verändern! Und wir müssen uns schon fragen, warum dies unter Steinbrück und Asmussen nicht geändert wurde, obwohl sie das Problem ge- sehen haben. Ich bin froh, dass die schwarz-gelbe Regierung diese Lücke ge- schlossen hat.
Ein Letztes noch, Herr Dr. Stegner: Ich finde Ihre Angriffe auf meine Person mitt- lerweile lustig. Das werde ich wirklich vermissen! Aber eines will ich Ihnen mitge- ben: Rechtsanwälte sind Organe der Rechtspflege. Sie sind von Gesetzes wegen verpflichtet, ihre Mandanten vor staatlicher Willkür zu schützen. Das steht aus- drücklich in der Berufsordnung der Rechtsanwälte! Ein schöner Satz, weil wir wis- sen, dass es staatliche Willkür geben kann! Und wenn Sie regieren würden, hätten wir diese staatliche Willkür! Denn Sie sagen, dass der politische Wille entscheidend ist und nicht das, was das Gesetz aussagt!
Aber mir jetzt zu sagen, ich könnte eine bestimmte Position nicht besetzen, weil ich Anwalt bin und meine Mandanten verteidige, wozu ich gesetzlich verpflichtet bin - mir so etwas von Sozialdemokraten vorwerfen zu lassen, die Otto Schily zum Bundesinnenminister gemacht haben, obwohl dieser Terroristen verteidigt hat, das ist schon eine Menge Holz! Dort war es in Ordnung und bei Kubicki ist es nicht in Ordnung.
Gehen Sie davon aus, dass wir das machen, was Rot-Grün und Rot bei Rot-Schwarz versäumt haben: Wir werden das Steuersystem in Deutschland auf feste Funda- mente stellen, ohne dass wir uns welt- und europaweit verkämpfen. Wichtig ist, in- nerhalb Europas einheitliche Bemessungsgrundlagen zu schaffen. Dass wir inner- halb Europas auch Steuerwettbewerb haben müssen, leuchtet ein. Warum glauben
Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de wir denn, dass europaweit die deutschen Steuersätze die richtigen sind? Wenn wir schon einmal einheitliche Bemessungsgrundlagen, etwa bei der Körperschaftsteu- er, hätten, wären wir schon einen wesentlichen Schritt weiter. Dabei könnten Sie uns helfen, anstatt dauernd nur moralische Reden zu halten!“



Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de