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14.12.17
16:50 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 2 + 21: Dialog und demokratische Grundprinzipien waren gestern - jetzt wird durchregiert

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 14. Dezember 2017



TOP 2 + 21: Änderung des Schulgesetzes und Antrag zu Mehrbedarfskosten durch Umstellung auf G9 (Drs-Nr.: 19/200, 19/166, 19/353, 19/381)
Martin Habersaat:
Dialog und demokratische Grundprinzipien waren gestern - jetzt wird durchregiert Mit den Worten „Wir nehmen die Anhörung ernst“ sind Sie in die Beratungen gegangen. Mit einem unveränderten Gesetzentwurf kommen Sie wieder heraus. Sie halten an der Tradition fest, dass jede neue Regierung zunächst einmal das Schulgesetz novelliert und das Schulsystem umkrempelt.
Sie halten an der „Günther-Hürde“ von 75 % fest. Im Falle von FDP und Grünen ist Ihnen das wenigstens peinlich. Die Grünen fragten nach dem Grund, die FDP kündigte neue Beratungen an. Vergebens. Es bleibt dabei: Das Grundgesetz kann mit 2/3-Mehrheit geändert werden. Ein Gymnasium, das auf einem Kurs bleiben möchte, der ihm einst auch von der CDU verordnet wurde, muss eine ¾-Mehrheit organisieren.
Gut, ich will einräumen, dass es schon Wahrheitsfindungsverfahren gegeben hat, die das gewünschte Ergebnis noch suggestiver vorweggenommen haben: Das gute alte Gottesurteil zum Beispiel, bei dem der Verdächtige ins Wasser geworfen wurde; wenn er oben blieb, war seine Schuld bewiesen, wenn er unterging, war er unschuldig – aber leider ersoffen. Verständlich, dass sich fast alle Gymnasien diesem Verfahren entzogen. Der Direktorenverbindungsausschuss der Gymnasien schreibt in der Anhörung, man hätte sich eine „ergebnisoffene Diskussion“ gewünscht und das Vorgehen der Landesregierung werde als „wenig wertschätzend empfunden“. Die GEW schreibt: „Motivierende Effekte der Mitverantwortung werden durch solche Vorgaben in ihrer Wirkung umgekehrt.“ Grundschuleltern fühlen sich außen vor gelassen. Das ging schnell mit dem klimatischen Wandel. 2



Dialog und demokratische Grundprinzipien waren gestern - jetzt wird durchregiert. Wissenschaftlich begründbar ist der Wandel nicht. „Die Kritik an einer nicht auf Fakte n basierten Diskussion und Entscheidungsfindung ist berechtigt“ - schreibt Ihnen die Universität Hannover ins Stammbuch. Sie entscheiden politisch. Das ist das Recht der Mehrheit.
Witziges Detail: Bis zum 23. Februar müssen die Schulen sich entschieden haben – oder eben auf eine Entscheidung verzichtet haben. Am 26. Februar beginnt der Anmeldezeitraum für die Eltern. Für eine Anhörung des Schulträgers und Elterninformationen haben CDU, FDP und Grüne also das Wochenende vom 24. und 25. Februar vorgesehen. Soviel zum Umgang mit den Schulträgern. Aber da werden Sie sich, wie auch bei den fälligen Investitionskosten, nicht um Ihre Verantwortung herumdrücken können!
Immerhin gab es gestern die Ankündigung der Finanzministerin, das werde zur 2. Lesung des Hau shalts geregelt. Wir werden sehen. Nach den Erfahrungen aus der Anhörung haben wir jedenfalls Zweifel. Zur Erinnerung: In Folge der Schulgesetzänderung 2007 musste ein Schulbauprogramm über 52 Mio. Euro aufgelegt werden. Die Gymnasien sollen zur Umstellung zunächst jeweils eine halbe Stelle bekommen. Und sie sollen in Klasse 5-7 künftig eine Stunde mehr unterrichten. Das macht unter dem Strich 100 Stellen. Später kommt laut Koalitionsvertrag noch ein Oberstufenbonus dazu. Damit es nun nicht heißt, Sie konzentrieren sich nur auf die Gymnasien, ziehen Sie die Hilfe für „Schulen am Wind“ auf 2019 vor. Zwei Millionen Euro soll es geben, das entspricht 40 Stellen.
Im Vergleich: Für 100 Gymnasien gibt es 100 Stellen. Für 580 Grundschulen und Gemeinschaftsschulen gibt es 40 Stellen. Also über den Daumen pro Gymnasium eine Stelle und pro Grund- oder Gemeinschaftsschule 0,07.
Die SPD wird es nach ihrer Rückkehr in die Regierungsverantwortung den Schulen nicht zumuten, diese Frage nochmals aufzuwerfen. Wir werden aber dafür sorgen, dass Ihre Politik, die Gymnasien einseitig zu bevorzugen und die Gemeinschaftsschulen schrittweise zu dem zurückzuführen, was bis vor wenigen Jahren die Regionalschule war, nicht aufgeht. Natürlich werden wir gegen die Beschlussempfehlung stimmen.