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14.12.17
16:55 Uhr
B 90/Grüne

Rede zu Protokoll gegeben - Burkhard Peters zur Bereinigung des Landesrechts im Bereich der Justiz

Presseinformation

Landtagsfraktion Rede zu Protokoll gegeben! Schleswig-Holstein TOP 8 – Gesetz zur Bereinigung des Landesrechts Pressesprecherin im Bereich der Justiz Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Burkhard Peters: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 382.17 / 14.12.2017

Justizbereinigungsgesetz: Transparenz und Anwender*innenfreundlichkeit werden erhöht
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Zuschauer*innen,
„Drei berichtigende Worte des Gesetzgebers und ganze Bibliotheken werden zu Maku- latur“. Das sagte 1848 der Rechtsphilosoph Julius von Kirchmann, um das Verhältnis des geltenden, sich ständig ändernden Gesetzesrechts zu den ehernen Grundprinzipien des Naturrechtes zu kennzeichnen.
Diese Worte passen auch zu dem heute vorliegenden Gesetz: 27 verstreute Justizge- setze und Justizverordnungen mit hunderten von Seiten und Paragraphen werden durch das schlanke und handliche neue Gesetz überflüssig gemacht und in den Altpa- piercontainer des Landesrechts entsorgt.
Der Entwurf ist nicht spektakulär, er enthält nur wenig Neues. Seine Inhalte sind über- wiegend staubtrocken und bieten nicht den geringsten Anlass für parteipolitischen Streit.
Dennoch ist er eine gesetzgeberische Wohltat! Vor allem für die betroffenen Gesetzes- anwender*innen, also die vielen Menschen, die in unseren Gerichten, Staatsanwalt- schaften und Justizbehörden in den unterschiedlichsten Funktionen arbeiten, aber auch für das rechtssuchende Publikum.
Denn die Rechtspflege im Land ist bisher extrem disparat und in manchen Teilen veral- tet und überholt geregelt. Das neue Gesetz bewirkt, dass die jeweils relevanten Vor- Seite 1 von 2 schriften leichter aufgefunden werden können. Transparenz und Anwen- der*innenfreundlichkeit werden deutlich erhöht, unzeitgemäße Begriffe - teilweise noch aus der Nazizeit - werden entrümpelt. So verschwindet zum Beispiel der „Vorsteher der Gefangenenanstalten“, wie die Leiter*innen unserer Justizvollzugsanstalten in § 13 in der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 bis heute noch genannt werden.
Es gibt auch etwas Neues: Das Hausrecht in den Gerichtsgebäuden und den Gebäu- den der Staatsanwaltschaften des Landes wird erstmalig auf eigene gesetzliche Füße gestellt. Bislang galt für die Leitungen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften nur eine gewohnheitsrechtliche Übertragung der privatrechtlich abgeleiteten Prinzipien des Hausrechts. Das ist problematisch, weil unsere Gerichte ihrem Sinn und Zweck nach öf- fentliche Orte sein sollen, zugleich aber auch – es liegt in der Natur der Sache - konflikt- trächtige Orte sind.
Anders als in der gerichtlichen Verhandlung selbst, in der die sitzungspolizeilichen Be- fugnisse der vorsitzenden Richter*innen nach dem (Bundes- )Gerichtsverfassungsgesetz gelten, gab es in Schleswig-Holstein bislang keine explizi- ten Vorschriften, die zum Beispiel generelle Einlasskontrollen, das Durchsuchen von Personen nach Waffen, ihre Identitätsfeststellung und das Sicherstellen von bedenkli- chen Gegenständen außerhalb eines konkreten Verhandlungstermins regeln.
Nun gibt es auch für die jeweilige Gerichtsleitung und für Justizwachtmeis- ter*innendienste klar geregelte Befugnisse. Das ist sehr zu begrüßen, weil die Maß- nahmen gegenüber Gerichtsbesucher*innen von der Durchsuchung bis zur Gewahr- samnahme eine hohe Grundrechtsintensität haben können und daher entsprechend klar geregelt sein sollten.
Sehr sinnvoll ist auch, dass das neue Gesetz bei den Eingriffen und Befugnissen auf die bewährten Gefahrenabwehrvorschriften unseres Landesverwaltungsgesetzes ver- weist. Diese Vorschriften sind lang eingeübte Rechtspraxis und ohne Abstriche auf die spezifischen Verhältnisse in unseren Gerichtsgebäuden zu übertragen.
Eines fehlt mir bisher: Ich würde es begrüßen, wenn wir in das neue Gesetz auch eine Vorschrift einfügen würden, in der die Amtspflicht der Gerichte zur Veröffentlichung ihrer Entscheidungen in anonymisierter Form genauer geregelt wird. Seit der diesbezügli- chen Leitentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1997 ist in Schleswig-Holstein im Ländervergleich in diesem Bereich noch durchaus Nachholbe- darf.
Die Organe der Rechtspflege im Lande, namentlich die Rechtsanwaltschaft, aber auch die Verwaltungen, haben ein erhebliches Interesse an einer breiten Veröffentlichung von geeigneten Urteilen und Beschlüssen. Das kann auch die Justiz entlasten, zum Beispiel von Mehrfachprozessen in Unkenntnis bereits gefällter Entscheidungen. Im Rahmen der Justiz-Digitalisierung entstehen diesbezüglich auch ganz neue Möglichkei- ten der Veröffentlichung und Auffindbarkeit der Entscheidungen.
Darüber können wir uns im Ausschuss weiter unterhalten.
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