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25.01.18
16:43 Uhr
FDP

Jan-Marcus Rossa: Information über Schwangerschaftsabbrüche zulassen, Werbung verbieten

Presseinformation
Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Christopher Vogt MdL Vogt, Vorsitzender Anita Klahn MdL Klahn, Stellvertretende Vorsitzende Oliver Kumbartzky MdL Kumbartzky, Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 024/2018 Kiel, Donnerstag, 25. Januar 2018
Inneres / Werbung für Schwanger- schaftsabbrüche



www.fdp-fraktion-sh.de Jan-Marcus Rossa: Information über Schwangerschafts- abbrüche zulassen, Werbung verbieten In seiner Rede zu TOP 27 (Werbung für Schwangerschaftsabbrüche nicht zulassen) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan- Marcus Rossa: Jan- Rossa:
„Manchmal genügt ein einmaliges Ereignis, um einen lange überfälligen Rege- lungsbedarf zu erkennen. Die FDP steht sicherlich nicht im Verdacht, jedes medi- enwirksame Ereignis zum Anlass zu nehmen, um nach neuen gesetzlichen Rege- lungen zu rufen. Hier verhält es sich aber anders. Die Verurteilung einer Gießener Ärztin wegen verbotener Werbung für Schwangerschaftsabbrüche gem. §219a StGB führt einem den gesetzlichen Anpassungsbedarf eindrücklich vor Augen. Und das, obwohl die Vorschrift in der Strafrechtspraxis eher ein Schattendasein führt und äußerst selten angewendet wird. Aber die strafrechtliche Relevanz darf eben nicht über die gesellschaftliche Bedeutung dieser Vorschrift hinwegtäuschen, denn es geht um eine hochsensible Frage: Darf das Recht von Frauen auf eine sachliche und ethisch neutrale Information über Schwangerschaftsabbrüche zum Schutze des ungeborenen Lebens eingeschränkt werden und ist ein solches Verbot über- haupt geeignet, ungeborenes Leben zu schützen?
Um die Antwort vorweg zu nehmen: Es ist auch mit Blick auf den gebotenen Schutz des ungeborenen Lebens kein sachliches Argument erkennbar, das es zu rechtfertigen vermag, eine ethisch neut- rale Unterrichtung über Schwangerschaftsabbrüche zu untersagen. Und deshalb ist der Antrag der AfD abzulehnen.
Es stellt sich zudem schon heute die Frage, ob §219a StGB die sachliche Unter- richtung überhaupt wirksam verbietet. Unter dogmatischen Gesichtspunkten und vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung des Werberechts der freien Berufe er- weist sich die Verurteilung im vergangenen Jahr verfassungsrechtlich als hoch problematisch. Deshalb ist der Gesetzgeber gefordert, sich mit dieser Norm zu be- fassen.
Die Zielrichtung der Strafvorschrift ergibt sich eindeutig aus der Überschrift des §219a StGB. Verboten werden soll die „Werbung FÜR Schwangerschaftsabbrü- che“. Nicht unter Strafe zu stellen ist aber die Unterrichtung ÜBER Schwanger- Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de schaftsabbrüche. Dies ist ein feiner, aber entscheidender Unterschied, der im wei- teren Wortlaut der Norm nicht mehr klar zum Ausdruck kommt.
Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot verlangt, dass Strafnormen so ge- fasst werden, dass der Normadressat im Regelfall bereits aus dem Wortlaut er- kennt, ob sein Verhalten strafbar ist oder nicht. Diese Anforderung erfüllt §219a StGB heutzutage aufgrund der Änderungen des Werberechts für freie Berufe nicht. Die Ärzte in unserem Land können nicht mehr ohne weiteres erkennen, dass die sachliche Unterrichtung über medizinische Leistungen strafbar sein kann, wenn sie Schwangerschaftsabbrüche zum Gegenstand hat. Das ist verfassungsrechtlich be- denklich und deshalb muss auch aus diesem Grund der Antrag der AfD, alles zu lassen, wie es ist, abgelehnt werden.
Das kann im Umkehrschluss nicht dazu führen, dem Alternativantrag von SSW und SPD zuzustimmen. Man macht es sich zu einfach, eine problematische Norm zu streichen, ohne sich mit dem Regelungsziel und dem Sachzusammenhang, in dem die Norm steht, auseinanderzusetzen. Es ist auch völlig unerheblich, wie alt die Vorschrift ist, und dass sie auf die nationalsozialistische Strafrechtsreform von 1933 zurückgeht.
Entscheidend ist, dass die §§218 ff. StGB für einen (Interessen-)Ausgleich zwi- schen den Rechten werdender Mütter einerseits und den Rechten des ungebore- nen Lebens andererseits sorgen müssen. Der Gesetzgeber hat sich dazu durchge- rungen, anders kann man dies kaum beschreiben, den Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen. Voraussetzung ist eine Beratung, die unter einem strengen Neutralitätsgebot steht. Dieses darf nicht dadurch unter- laufen werden, dass die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche generell und oh- ne Einschränkung erlaubt wird.
Eine ersatzlose Aufhebung des §219a StGB würde es nicht nur Ärzten, sondern gleichermaßen Vereinen und Verbänden, sonstigen Institutionen oder auch jedem beliebigen Dritten erlauben, FÜR Schwangerschaftsabbrüche zu werben, ohne dass ein Berufsrecht für sachliche und neutrale Information sorgt. Deshalb halte ich es für richtig, wenn das Werben FÜR Schwangerschaftsabbrüche weiterhin unter Stra- fe gestellt wird, die sachliche Unterrichtung über die medizinischen Möglichkeiten durch Ärzte im Rahmen des für sie geltenden Berufsrechts straffrei ist. Dies dient dem berechtigten Informationsbedürfnis von Frauen, ohne damit die Beratungs- pflicht in Frage zu stellen und den Schutz des ungeborenen Lebens zu unterlaufen.
Wir werden unseren Ärzten doch wohl so viel Vertrauen entgegenbringen, dass wir uns darauf verlassen, dass sie sich an ihre berufsrechtlichen Pflichten halten und ausschließlich am Wohl des Patienten orientiert sachgerechte und angemessene Informationen verbreiten. Verboten und nach § 219a StGB strafbar bliebe damit für Ärzte weiterhin eine anpreisende, irreführende, vergleichende oder auch unethi- sche Werbung für Schwangerschaftsabbrüche.“



Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de