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23.02.18
11:24 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 31: Uns geht es in erster Linie um Aufklärung!

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 23. Februar 2018



TOP 31: Einsetzung des Ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode (Drs- Nr.: 19/514, 19/539)


Dr. Kai Dolgner
Uns geht es in erster Linie um Aufklärung!

Mitte letzten Jahres erreichten uns über die Medien, u.a. ausgelöst durch zwei kleine Anfragen des ehemaligen Kollegen Breyer, sehr beunruhigende Vorwürfe gegen Teile der Führung der Landespolizei. Kollege Burkhard Peters kam deshalb bereits am 17. Juni zu dem Schluss, dass ein neuer Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu rechtfertigen sei. Ich zitiere wörtlich: „Die im Raum stehenden Fragen und Vorwürfe sind gravierend genug.“ Dem habe ich mich, nachdem uns umfangreiche Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden, in einem Interview des NDR am 10. Juli angeschlossen. Wenn ich also als Vater des PUAs bezeichnet worden bin, dann wäre der Kollege Peters mindestens der Großvater des PUAs. Der zwischenzeitlich geäußerte Vorwurf, die Ankündigung des PUAs richte sich gegen den Sonderbeauftragten, ist schon deshalb absurd, weil die Benennung von Herrn Innenminister a.D. Klaus Buß erst zwei Wochen danach erfolgte und ich über keine mir bekannten hellseherischen Kräfte verfüge.
Was waren nun aber die Vorwürfe mit denen wir konfrontiert werden? Da wären zunächst einmal die zwei zuständigen Ermittlungsbeamten im sogenannten „Subwayverfahren“, X und Y genannt. Diese erhielten von einem VP-Führer die Information eines Hinweisgebers über die mögliche Unschuld eines in Untersuchungshaft sitzenden Mitglieds eines Rockerclubs. Sie forderten die Verschriftlichung dieser Quellenaussage. Dieses verweigerte der VP-Führer mit dem Hinweis auf das Schutzbedürfnis seiner 2



Quelle. Eine dafür notwendige Zusicherung der Vertraulichkeit, womit die Quelle in der Hauptverhandlung hätte anonym bleiben dürfen, konnte der Hinweisgeber aber nicht bekommen, da er selbst Beschuldigter in dem Verfahren gewesen sein soll. Nach unserer Auffassung gehören Vermerke von Ermittlungsbeamten zur Ermittlungsakte und das liegt nicht in der Dispositionsfreiheit des Vorgesetzten.
Meine Damen und Herren, jeder von uns kann Beschuldigter in einem Strafverfahren werden. Wir und unsere Strafverteidiger müssen sich dann darauf verlassen können, dass sich in den Ermittlungsakten der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft, - der objektivsten Behörde der Welt - alle entlastenden Hinweise wiederfinden. Wie sollte denn sonst eine effektive Verteidigung gewährleistet sein? Ja, der Hinweis wurde schließlich verschriftlicht und durch den zuständigen Staatsanwalt zu den Ermittlungsakten genommen. Das aber doch nur, weil X gehandelt und den Hinweis selbst verschriftlicht hat und nicht etwa, weil es ursprünglich von seinen Vorgesetzten beabsichtigt gewesen wäre. Infolgedessen fertigte dann der VP-Führer seinerseits einen Vermerk. Beide Vermerke lagen uns schon vor der Akteneinsicht vor. Sie können in mindestens einem Punkt nicht gleichzeitig wahr sein. Außerdem sollen Hinweise bezüglich der Tatbeteiligung eines weiteren Beschuldigten gar nicht verschriftlich worden sein. X, und später Y, bekamen die Konsequenzen für ihr Eintreten für Aktenwahrheit und -klarheit zu spüren. X wurde aus der Soko Rocker abgezogen und in einen für ihn unattraktiven Bereich versetzt. Auch wenn es nicht formal als Disziplinarmaßnahme zu werten ist, so ist es trotzdem nicht abwegig, dieses als Bestrafung für ein scheinbares Fehlverhalten einzuordnen. Y fühlte sich, auch wegen dieses Vorganges, gemobbt. Die Arbeit der Mobbingkommission verlief schleppend.
Das Mobbingverfahren wurde nach einem, gemäß den gestrigen Kieler Nachrichten für den zuständigen Polizeiführer wenig schmeichelhaften, Zwischenbericht auf Betreiben des Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium eingestellt, weil das Verfahren absprachewidrig gewesen sei. Auch hieraus resultieren diverse weitere Vorwürfe. Des Weiteren haben die Staatsanwaltschaft Kiel und zwei Ermittlungsbeamte des LKA Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag des LKA Kiel mögliche straf- und dienstrechtliche Probleme in diesem Zusammenhang überprüft.
Ich erlaube mir die Bemerkung, dass das Subwayverfahren von der Staatsanwaltschaft Kiel selbst geleitet und vom LKA Kiel durchgeführt wurde, insofern wäre nicht nur eine personelle, sondern auch eine organisatorische Unabhängigkeit der jeweiligen Prüfinstanzen wünschenswert gewesen.
In dem vertraulichen Bericht der aus dem LKA Mecklenburg -Vorpommern abgestellten Ermittlungsbeamten, den der NDR am 31. Mai 2017 wie folgt zitiert, wird ein weiteres Problem angesprochen: „Dass man 2010 ein hochrangiges Mitglied der Rockergruppe "Bandidos" als Informanten gewonnen habe, sei "äußerst problematisch" gewesen, so die Schweriner Ermittler. "Ein Bekanntwerden der Zusammenarbeit hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit nachteilige Folgen für das Verbotsverfahren der Bandidos gehabt" Der NDR zitiert am 10. Juli sogar „Der Hinweisgeber stand im Zentrum der 3



vereinsrechtlichen Maßnahmen“. Neben den aufgeworfenen vereinsverbotsrechtlichen Fragestellungen führte die von den Ermittlern bemängelte Zusammenarbeit zu weiteren Fragen der Medien bezüglich der Kontakte der Führung der Bandidos zur Polizei z.B. im Zusammenhang mit der Durchsuchung des sehr großen Wohn- und Clubhauses, die von Zeitpunkt, Zeitraum und Durchführung sehr ungewöhnlich verlief und deren Bild- und Videoaufnahmen wegen technischer Mängel der Aufzeichnung gleich gelöscht worden sein sollen. Mich würde auch interessieren, wieso der NDR drei Monate vor dem Parlament offensichtlich Einsicht zu einem als vertraulich eingestuften Bericht - vermutlich sogar ungeschwärzt – hatte. Dieser hat nach unserer Kenntnis den Geschäftsbereich des Innenministeriums nie verlassen und es hatte zu diesem Zeitpunkt nur ein kleiner Kreis Zugriff. Das ist auch insofern bemerkenswert, da dem NDR auch Informationen über die Einschätzung des Verhaltens von X und Y gegeben wurden, die man den beiden betroffenen Polizeibeamten selbst jahrelang vorenthalten hat.
Auf die weiteren Fragestellungen kann ich aufgrund der Kürze der Zeit nicht sachgerecht eingehen, ich bitte mir dieses nachzusehen. Für die kommende Ausschussarbeit wird der Aufklärungswillen und Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten, insbesondere des Innenministeriums, entscheidend für die Geschwindigkeit unserer Arbeit sein. Eine faire und abschließende Beantwortung der Fragen zu den medial erhobenen Vorwürfen ist zu diesem Zeitpunkt unmöglich.
Die SPD-Fraktion erhofft sich in erster Linie Aufklärung darüber, ob innerhalb der Landespolizei, vor allem seitens der jeweiligen Vorgesetzen und aller Führungsebenen, korrekt mit kritischen Polizeibeamten umgegangen wurde und wird und in wieweit Konsequenzen aus den diversen Vorgängen gezogen werden müssen oder aber auch schon gezogen worden sind. Deshalb ist die Bezeichnung „Rockeraffäre“ irreführend. Wir haben hier alle gemeinsam die Chance aber auch die Pflicht, diesen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu dem zu nutzen, wofür es eigentlich parlamentarische Untersuchungsausschusse gibt: nicht zum parlamentarischen Stellungskrieg sondern zur Wahrnehmung unseres Verfassungsauftrages: der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive im öffentlichen Interesse. Die signalisierte gegenseitige Zustimmung zu den Anträgen von SPD auf der einen und CDU, GRÜNE und FDP auf der anderen Seite scheint mir da ein guter Anfang zu sein, für den ich mich schon jetzt ganz herzlich bedanken möchte.