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23.02.18
11:56 Uhr
FDP

Jan Marcus Rossa: Wir wollen eine lückenlose Aufklärung

Presseinformation
Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Christopher Vogt MdL Vogt, Vorsitzender Anita Klahn MdL Klahn, Stellvertretende Vorsitzende Oliver Kumbartzky MdL Kumbartzky, Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 061/2018 Kiel, Freitag, 23. Februar 2018
Innenpolitik/PUA



www.fdp-fraktion-sh.de Jan Marcus Rossa: Wir wollen eine lückenlose Aufklärung In seiner Rede zu TOP 31 (Einsetzung des Ersten Parlamentarischen Unter- suchungsausschusses der 19. Wahlperiode) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa: Rossa:
„Parlamentarische Untersuchungsausschüsse haben die Aufgabe, Sachver- halte zu untersuchen, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt. Sie haben dem Parlament und damit der Öffentlichkeit Bericht zu erstatten. Es geht also darum, Transparenz zu schaffen und staatliches Handeln zu kon- trollieren. In dieser Zielrichtung liegt der entscheidende Unterschied gegen- über dem Strafprozess, der der Durchsetzung des Strafanspruchs des Staa- tes dient. Es ist für das Informationsbedürfnis des Parlaments unerheblich, ob im Zusammenhang mit der sogenannten ‚Rocker-Affäre‘ bereits zahlrei- che straf- und dienstrechtliche Verfahren geführt und vielleicht auch abge- schlossen wurden, denn hier geht es um die Untersuchung staatlichen Han- delns und der politischen Verantwortung.
Ich betone dies hier zu Beginn, weil die letzte Regierung nach der Berichter- stattung im Mai 2017 offenbar der Meinung war, dass mit dem Abschluss gerichtlicher Verfahren auch die Affäre selbst erledigt sei. Das ist aber ein Irrtum, wie sich heute zeigt. Uns geht es nicht darum, einen Strafanspruch durchzusetzen. Uns geht es um Offenheit und Transparenz staatlichen Han- delns. Aus diesem Grund unterstützen wir den Antrag der SPD auf Einset- zung des ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nachdrück- lich und aus voller Überzeugung.
Das mag auf den ersten Blick überraschen, gilt der Parlamentarische Unter- suchungsausschuss doch als das „scharfe Schwert“ der Opposition. Die Be- sonderheit liegt im Untersuchungsgegenstand selbst. Dieser erstreckt sich über mehrere Legislaturperioden mit völlig unterschiedlichen Regierungs- konstellationen und einer Vielzahl von Innenministern, die für die Vorkomm- nisse, die wir heute unter dem Begriff der ‚Rocker-Affäre‘ zusammenfassen, politische Verantwortung trugen. Alle demokratischen Parteien waren in Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de diesem Zeitraum auch in der Opposition und deshalb haben wir ein gemein- sames Interesse an der Aufklärung der ‚Rocker-Affäre‘. Wir unterstützen da- her ausdrücklich den Antrag der SPD.
Der jetzige Untersuchungsausschuss wird auch das Regierungshandeln der Küstenkoalition untersuchen. Die SPD-Innenminister Stefan Studt und And- reas Breitner waren verantwortlich für die Aufarbeitung der Mobbingvorwür- fe und für zahlreiche Personalentscheidungen bei Personen, die ich als Be- teiligte der ‚Rocker-Affäre‘ im weitesten Sinne verstanden wissen möchte. Wir wollen uns daher umfassend mit den Vorkommnissen in der ‚Rocker- Affäre‘ beschäftigen.
Ein zentraler Untersuchungsgegenstand wird der Einsatz von V-Leuten und die Unterdrückung von Erkenntnissen und Beweismitteln sein. Dies könnte dazu geführt haben, dass ein Verdächtiger länger als zulässig in Untersu- chungshaft gesessen hat. Hier wird wieder einmal deutlich, wie problema- tisch der Einsatz von V-Leuten in rechtsstaatlicher Hinsicht ist. Wenn das Zurückhalten von entlastenden Erkenntnissen dazu führt, dass ein Unschul- diger verurteilt wird oder ein Verdächtiger länger als zulässig in U-Haft sitzt, dann mag das vielleicht am Ende rechtlich nicht zu beanstanden gewesen sein. Politisch aber widerspricht es den Grundprinzipien eines liberalen und freiheitlichen Rechtsstaats.
Wir wollen deshalb die Hintergründe für den V-Mann-Einsatz bei den Ermitt- lungen im Rockermilieu in Schleswig-Holstein aufklären. Wir wollen wissen, ob die Rechtsprechung des BVerfG und die allgemeinen rechtlichen Grund- sätze für den Einsatz und die Führung von V-Leuten beachtet wurden. Wir wollen untersuchen, ob entlastende Erkenntnisse zurückgehalten wurden, um einen V-Mann oder auch nur einen Informanten nicht aufzudecken. Soll- te sich dieser Verdacht bestätigen, wollen wir ermitteln, ob das Zurückhal- ten von Beweismitteln rechtmäßig und auch unter rechtspolitischen und ethischen Gesichtspunkten hinzunehmen war.
Der zweite Schwerpunkt aus unserer Sicht sind die Mobbingvorwürfe, die von zwei Beamten aus der Soko Rocker gegen die Polizeiführung erhoben werden. Ich weiß aus meiner beruflichen Praxis durchaus einzuschätzen, wie leichtfertig oft ein Mobbingvorwurf erhoben wird, und wie schwer es tat- sächlich ist, einen solchen Vorwurf gerichtsfest darzulegen und zu bewei- sen. Aber genau darum geht es hier nicht. Hier geht es um eine politische Bewertung. Eine zentrale Frage ist: Wie ist das Innenministerium in den Jah- ren 2012 und insbesondere 2013 mit dieser Thematik umgegangen?
Ich habe mir noch einmal den Bericht des Innenministeriums angesehen, der im Innen- und Rechtsausschuss am 07. Juni 2017, also kurz vor dem letzten Regierungswechsel abgegeben wurde. Ich habe ein erhebliches Störgefühl, wenn eine Behörde dem konkreten Verdacht, dass es bei der Landespolizei gegen zwei Beamte der Soko Rocker zu Mobbing gekommen sein könnte, aus rein formalen Gründen nicht nachgeht. Das formale Argu- ment war: Die Arbeitsgruppe Mobbing war zu dem Zeitpunkt, als der Ver- dacht des Mobbings gemeldet wurde, nicht mehr zuständig!
Ich frage Sie: Ändert das irgendetwas an der Tatsache, dass dem Innenmi- nisterium und auch der Polizeiführung ab April 2013 Vorwürfe bekannt wa- Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de ren, die einen konkreten Mobbingverdacht begründeten? Es ist aus meiner Sicht völlig egal, ob der Arbeitskreis Mobbing zu diesem Zeitpunkt noch formal zuständig gewesen ist. Allein unter Fürsorgegesichtspunkten hätten der Innenminister und die Polizeiführung diesem Verdacht weiter nachgehen müssen. Die Argumentationslinie der Staatssekretärin Söller-Winkler im In- nen- und Rechtsausschuss im Juni 2017 ist mehr als fadenscheinig gewe- sen. Mit solchen Erklärungen lassen wir uns nicht abspeisen.
Hätte sich das Innenministerium verantwortungsvoll verhalten, dann wäre es solchen Hinweisen unabhängig von Zuständigkeitsfragen nachgegangen. Das aber ist im Jahr 2013 unterblieben und das können wir nicht hinneh- men. Und erlauben Sie mir eine persönliche Anmerkung: Aus heutiger Sicht wirkt die eine oder andere Personalmaßnahme im Jahr 2013 mehr als frag- würdig.
Und damit bin ich beim dritten Untersuchungsschwerpunkt: Insbesondere im Jahr 2013 ist es zu kurios anmutenden Personalentscheidungen gekom- men. Warum hat das Innenministerium kurz nachdem sich der Verdacht von Mobbing erhärtete den verdächtigen Kriminalbeamten zum Leiter des Lan- despolizei befördert, während gleichzeitig ein Beamter der Schutzpolizei zum Leiter des Landeskriminalamts ernannt wurde? Diese Überkreuzbeför- derung begründet zumindest den Anfangsverdacht, dass hier ein Beamter wegen seiner Verstrickung in die Mobbingvorwürfe aus der Schusslinie ge- nommen werden sollte. Auch diese Frage bedarf der Aufklärung und politi- schen Bewertung. Möglicherweise werden dann auch die Hintergründe für die Personalentscheidungen Ende letzten Jahres verständlich, als die kom- plette Polizeiführung im Land ausgewechselt wurde.
Wir wollen im Rahmen des Untersuchungsausschusses Licht ins Dunkel bringen und die oben dargelegten Fragen aufklären. Wir müssen dafür sor- gen, dass mit der Aufklärung der Vorkommnisse in der ‚Rocker-Affäre‘ verlo- renes Vertrauen in unsere Polizei beseitigt wird. Nicht nur das Parlament, auch die Landespolizei und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht zu erfahren, ob es Fehler beim Einsatz von V-Leuten gab, ob entlastende Er- kenntnisse zurückgehalten, und ob Polizeibeamte unter Druck gesetzt wur- den, weil sie auf Missstände aufmerksam machen wollten. Und wir wollen wissen, ob versucht wurde, die Affäre zu verschleiern, indem Beamte ver- setzt und befördert wurden. Wenn uns dies gemeinsam im Untersuchungs- ausschuss gelingt, wird unsere Polizei ihre Aufgaben wieder unbelastet wahrnehmen können. Wir begrüßen daher den Antrag der SPD und bitten um Zustimmung zu unseren Ergänzungen.“



Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de