Nr. 70 / 16. Mai 2018 Flüchtlingsbeauftragter gegen neue Abschiebungshafteinrichtung in Glückstadt Im Hinblick auf aktuelle Medienberichte über den Gesetzentwurf zum Abschiebehaftgesetz hat sich der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, Stefan Schmidt, heute (Mittwoch) grundsätzlich gegen bundesweit organisierte Ausreisezentren ausgesprochen. Auch Ausreisezentren der Länder, wie die Landesunterkunft für Ausreisepflichtige (LUKA) in Boostedt, Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam lehnt er ab. Durch finanzielle Kürzungen der Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz darf nach Schmidts Bewertung ebenso wenig eine Ausreise erzwungen werden wie durch Aufenthaltstitel, die von ihrer Wertigkeit her noch unter einer Duldung angesiedelt sind. Die relativ aktuellen Zahlen hinsichtlich der Anordnung von Abschiebungshaft in der jüngeren Vergangenheit, (dargestellt in der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 18/5242), rechtfertigen aus Sicht des Beauftragten ebenso wenig die geplante Einrichtung einer neuen Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt für und in Schleswig-Holstein wie die aktuellen Zahlen der neu Einreisenden und die Zahl der Aufenthaltsbeendigungen ­ egal ob diese freiwillig oder unter Zwang erfolgen. Wenn es denn dennoch zu der Schaffung einer Abschiebehafteinrichtung komme, sollten so wenig wie möglich Haftanträge gestellt werden. Das wäre ein Auftrag an die Landesregierung dahingehend, die entsprechende Erlasslage ,,Durchführung von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam" vom 1. September 2017 zu ändern. Wie Schmidt meint, darf der Aufenthalt in der Abschiebungshafteinrichtung so wenig einschneidend wie denkbar sein. Er betont daher, dass in dem Abschiebungsgefängnis keine Minderjährigen untergebracht werden dürften, unabhängig davon, ob sie Familienangehörige in Deutschland hätten oder nicht. Auch sollten schwangere Frauen ab der 12. Schwangerschaftswoche und Mütter innerhalb der gesetzlichen Mutterschutzfristen, ebenso wie Alleinerziehende von Kindern 2 unabhängig vom Alter der Minderjährigen grundsätzlich nicht inhaftiert werden dürfen. Schmidt hält es auch nicht für vertretbar, dass Eltern, auch gemeinsam erziehende Elternteile von Kindern unter 12 Jahren, inhaftiert werden. Menschen mit Behinderung von einem Grad von mindestens 50 Prozent und Menschen mit akuten oder chronischen Erkrankungen, die auch auf äußerlich sichtbare Hilfsmittel oder Medikamentenbeigaben angewiesen sind, sollten ebenfalls ausgenommen werden. Der Zuwanderungsbeauftragte fordert darüber hinaus Mindeststandards für die Ausgestaltung der Abschiebehafteinrichtung. So müsse es eine ausreichende, qualifizierte soziale Betreuung der Gefangenen geben, ebenso wie eine unabhängige Verfahrensberatung. Da es sich bei den Betroffenen nicht um Strafgefangene handele, fordert Schmidt Bewegungsfreiheit im Inneren, mithin keinen Einschluss der Inhaftierten, sehr wohl aber die Möglichkeit, dass jeder Inhaftierte selbst seine Zellentür von innen verschließen kann. Um deeskalierend zu wirken und den trostlosen Gefängnisaufenthalt mit unbestimmter Dauer erträglicher zu machen, muss es nach Ansicht von Schmidt ausreichende Sportangebote und andere Freizeitgestaltungsmöglichkeiten geben. Nach den Erfahrungen mit der Abschiebhaftungsanstalt in Rendsburg fordert der Flüchtlingsbeauftragte schließlich die Einrichtung eines unabhängigen Beirates, der jederzeit Zugang zur Einrichtung erhält, die Möglichkeit des Kontaktes zu allen Inhaftierten bekommt und die Arbeit in der Abschiebungshaft begleitet. Abschließend weist Schmidt auf den Koalitionsvertrag der Jamaikakoalition hin, in dem es u. a. heißt: ,,Wir erkennen ausdrücklich an, dass es sich bei der Abschiebehaft nicht um Strafhaft handelt". Wenn das der Fall sei, müsse sich das Leben in der Abschiebungshafteinrichtung auch deutlich von einem klassischen Gefängnis unterscheiden, so Schmidt.