Steuer | 14.06.2018 | Nr. 216/18 Ole-Christopher Plambeck: (TOP 19) Bürokratieabbau könnte Rentnern Nachteile bringen Es gilt das gesprochene Wort Sperrfrist Redebeginn Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Jahre wieder gilt es sich mit Formularen und Belegen auseinanderzusetzen. Einkünfte ermitteln, Versicherungen zusammenstellen, Handwerkerrechnungen, wie zum Beispiel die Schornsteinfegerrechung raussuchen, alles eintragen, unterscheiben und die Steuererklärung an das Finanzamt schicken. Entweder auf Papier oder elektronisch. Dank der immer besseren Technik liegen dem Finanzamt bereits viele Daten vor: Die Rentenversicherungsdaten, Lohnersatzleistungen oder auch die Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers. Da drängt sich doch die Frage auf: Wenn denn dem Finanzamt diese Daten schon vorliegen, warum wird noch eine Steuererklärung benötigt? Kann das Finanzamt eine Veranlagung nicht auch ohne eine abzugebende Steuererklärung durchführen? Insbesondere bei einfach gelagerten Steuerfällen, wie z.B. bei Rentnern oder Arbeitnehmern, die keine anderen Einkünfte haben, klingt das auf den ersten Blick erst einmal richtig gut. Ich bin grundsätzlich immer offen für neue Ideen. Besonders wenn sie dazu dienen, die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Verwaltung von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Aber ist es wirklich so einfach? Wie werden bei einer Amtsveranlagung steuermindernde Tatsachen berücksichtigt, die dem Finanzamt nicht elektronisch vorliegen? Die Rede ist von Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen. Vor allem Seite 1/2 Verantwortlich: Kai Pörksen | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de ältere Menschen haben häufig hohe Krankheitskosten, benötigen einen teuren Zahnersatz oder müssen ihre Wohnung behindertengerecht umbauen. In diesen Bereich fallen aber auch haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen, die jede Bevölkerungsgruppe gleichermaßen betreffen. Es gibt so gut wie keine Einkommensteuererklärung, die keine Steuerermäßigungen wie Schornsteinfegeroder Heizungswartungsrechnung beinhalten. Damit diese Aufwendungen bei einer Amtsveranlagung berücksichtig werden können, müsste erstmal ein Bescheid vom Finanzamt zugehen. Gegen diesen Steuerbescheid müsste dann Einspruch eingelegt und ggf. die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Erst dann könnten die Steuerermäßigungen geltend gemacht werden. Eine Geltendmachung ohne Belege, wie sie aktuell praktiziert wird, ist in einem Einspruchsverfahren kaum vorstellbar. Und das würde gerade keinen Bürokratieabbau bedeuten. Weder für Bürgerinnen und Bürger noch für die Verwaltung. Ganz im Gegenteil. Meine Damen und Herren, In Deutschland gilt richtigerweise das Nettoprinzip, also die Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit! So hat es auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Dieses Prinzip ist ein hohes Gut und darf nicht durch eine Amtsveranlagung ausgehebelt werden! Das sind Themen, die wir bei der Amtsveranlagung berücksichtigen müssen. Ich finde es aber gut und richtig, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern seit Januar 2017 ein Pilotverfahren zu diesem Thema durchführt. Daraus können wichtige Erkenntnisse für die Praxis ­ auch in anderen Ländern- gewonnen werden. Darum soll sich unser Finanzministerium eingehend mit dem Thema befassen. Wir sollten dann im Finanzausschuss beraten, ob und wenn ja, wie wir die Amtsveranlagung praxistauglich umsetzen können, ohne dass den Steuerpflichtigen hierdurch Nachteile entstehen. Dabei soll auch geprüft werden, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deren Werbungskosten unter dem Werbungskostenpauschbetrag liegen, mit einbezogen werden können. Ich bitte darum, die beiden vorliegenden Anträge in den Finanzausschuss zu überweisen, damit wir im Ausschuss das Thema im Sinne einer effektiven Vereinfachung für der Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die der Verwaltung beraten können. Vielen Dank. Seite 2/2 Verantwortlich: Kai Pörksen | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de